E-Mobility Anwenderbericht: Der Umstieg auf ein E-Auto lohnt sich

15.09.16 10:24 von David Wagenblass

Anwenderinterview_E-Mobility_ToF_E-Mobility_160914-1Rechnet sich ein Elektro Auto heute schon für Unternehmen? Darüber habe ich mit Werner Schmidt gesprochen, Geschäftsführer der Druckerei Ruksaldruck in Berlin. Sein Unternehmen bezieht seit 2013 Ökostrom und liefert seit zwei Jahren mit einem Elektrofahrzeug aus. Was sagt er über seine praktischen Erfahrungen mit der Elektromobilität? Welche Vorteile sieht er, und wo liegen die aktuellen Herausforderungen?

Wagenblass: Was war für Sie der Anlass, über ein Elektroauto nachzudenken?

Schmidt: Ich betreue gelegentlich Masterarbeiten von Studenten der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin. Eine dieser Arbeiten beschäftigte sich mit dem Thema Nachhaltigkeit. Die zwei Studentinnen untersuchten, ob Kurierdienste zwischen Gewerbegebieten und der Innenstadt Sinn machen. Bei der Recherche stießen wir auf den Kurierdienst „messenger“ in Berlin. Im Rahmen eines Forschungsprojekts haben sie ein E-Fahrzeug für ihre Auslieferungen getestet. Die Firma hat den Renault Kangoo Z.E. allerdings zu wenig eingesetzt, um ein aussagekräftiges Testergebnis zu liefern. Daher haben wir uns schnell darauf geeinigt, eine Partnerschaft einzugehen: Im September 2014 haben wir auf unserem Firmengelände eine E-Ladesäule installiert, sodass das Elektrofahrzeug dort tanken und parken konnte. Im Gegenzug konnten wir das Auto auch für unsere Warenauslieferungen nutzen. Durch unsere firmeneigene Ladestation konnte ich schon nach einem halben Jahr feststellen, dass die Treibstoffeinsparungen enorm sind. Diese Ersparnis hat mich motiviert, nähere Informationen über Elektroautos einzuholen.

Wagenblass: Warum haben Sie für Ihre Firma ein E-Auto gekauft?

Schmidt: Ein wichtiger Grund waren die eben schon genannten Treibstoffeinsparungen. Unser Unternehmen legt aber auch großen Wert darauf, so nachhaltig wie möglich zu sein – und das unabhängig von Zertifizierungen. Unsere Leitlinie ist „Global denken – lokal handeln“. Im letzten Jahr haben wir zum Beispiel eine kleine Baumschule auf dem Firmengelände eröffnet. Die Bäume vermitteln wir jetzt an andere Unternehmen. Sie sehen, wir versuchen unseren Alltag nachhaltig zu gestalten – sei es aus ökonomischer, ökologischer oder sozialer Sicht. Für dieses Konzept ist die Nutzung eines E-Mobils unverzichtbar. Zudem sind die Bedingungen in der Stadt für E-Mobilität natürlich ideal. Und da wir seit 2013 auch noch Ökostrom beziehen, fährt das Fahrzeug durch und durch CO2-neutral.

Wagenblass: Worauf haben Sie beim Kauf Ihres E-Autos Wert gelegt?

Schmidt: Für uns war es sehr wichtig, dass das Elektroauto eine Zuladung von mindestens 600 kg zulässt und Platz für eine Europalette bietet. Neben dem Renault Kangoo Z.E. ist der e-NV200 das einzige serienmäßig gebaute Elektrofahrzeug, das diese Ansprüche erfüllt. Alle anderen sind Prototypen.

Der Nissan e-NV200 hat eine Reichweite von über 150 km. Die Kapazität der Batterie war für uns allerdings nicht ausschlaggebend. Wir liefern unsere Druckerzeugnisse fast ausschließlich in der Stadt aus und sind mit dem Auto überwiegend im Kurzstreckenverkehr unterwegs. Im Schnitt fahren wir 80-90 km am Tag. Für Elektromobilität ist das perfekt: Durch den Stop-and-Go-Verkehr erhöhen wir sogar die Reichweite unseres Fahrzeugs. Geht unser Fahrer vom Gas, bremst das Auto und lädt sich von selbst wieder auf. Im Stillstand ist der Verbrauch gleich Null. Die Verkehrsbedingungen in der Stadt sind deshalb ideal für ein E-Mobil. Und dank unserer eigenen Ladesäule können wir das Auto zwischen den Fahrten direkt vor der Haustür aufladen.

Wagenblass: Hat sich der Umstieg für Ihr Unternehmen wirtschaftlich gelohnt?

Schmidt: Definitiv. Hochgerechnet auf ein Jahr und bei einem Dieselpreis von damals 1,30 €/l hätten wir gegenüber dem Vorgänger-Dieselfahrzeug in fünf Jahren über 15.000 Euro an Kraftstoff gespart. Und selbst bei einem auf 1,10 €/l gesunkenen Dieselpreis errechnet sich über fünf Jahre immer noch eine Ersparnis von 11.000 Euro an Kraftstoff.

Im Vergleich zu einem Ford Transit, wie wir ihn früher hatten, amortisiert sich der Nissan e-NV200 schon nach 2-3 Jahren. Und dies, obwohl das Fahrzeug etwas teurer ist. Dabei müssen Sie jedoch berücksichtigen, dass die Ausstattung mit Klimaanlage, Navigationssystem und Bluetooth bei einem Nissan e-NV200 serienmäßig ist – was durchaus ganz angenehm für einen Lieferwagen ist. Würde man diese Ausstattung auch für einen Ford Transit wählen, so wäre die Preisdifferenz zwischen beiden Fahrzeugen schon nicht mehr so groß.

Auch privat hat mich diese Rechnung überzeugt. Ich überlege deshalb gerade, ebenfalls auf E-Mobilität umzusteigen. Wahrscheinlich wird meine Wahl dann aber aufgrund der derzeitigen Reichweitenproblematik auf einen Plug-In-Hybrid-Wagen fallen.

Wagenblass: Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell noch bei der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge?

Schmidt: Unsere Firma ist ja relativ unabhängig von der Ladeinfrastruktur. Aber auch wenn dies nicht so wäre: Die öffentlich vorhandenen Ladesäulen sind für die aktuellen Verhältnisse ausreichend. Es verteilen sich nur wenige E-Fahrzeuge auf die vorhandenen Ladestationen. In manchen Regionen wird auch schon viel in die Verbesserung der Ladeinfrastruktur und –technik investiert. Sobald jedoch mehr elektrische Autos auf den Straßen unterwegs sind, muss das Konzept verbessert werden.

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Wagenblass: Wie sieht es bei Werkstätten aus?

Schmidt: Sie brauchen natürlich eine Werkstatt, die Ahnung von elektrischen Fahrzeugen hat und diese betreuen kann – keine Frage. Aber davon gibt es immer mehr und wir haben eine sehr kompetente Werkstatt, die gerade einmal 3 km entfernt ist.

Wagenblass: Wie kann E-Mobility in Deutschland weiter vorangebracht werden?

Schmidt: Zuallererst ist hier aus meiner Sicht die Automobilindustrie gefordert. Die Autohersteller in Deutschland sind im Bereich E-Mobility noch sehr zurückhaltend – und das, obwohl schon vor Jahren Milliarden an Fördergeldern vom Staat in die Forschung und Entwicklung von Elektromotoren und Speichertechniken geflossen sind. Allerdings wurde der Fokus eher auf fahrerloses Fahren gelegt. Mittlerweile sind zwar auch die ersten Grundbausteine im Plug-In-Hybrid-Bereich gelegt, jedoch fehlt es hier gerade im Kleinwagenbereich noch an ausreichend Auswahl sowie passenden Angeboten.

Deshalb besteht die Herausforderung für die Automobilbranche zukünftig darin, mehr E-Autos zu einem vernünftigen Preis zu bauen. Schließlich können die Hersteller beim Bau von elektrischen Fahrzeugen im Gegensatz zu herkömmlichen Fahrzeugen auf einige Zulieferteile verzichten: zum Beispiel auf den Tank, die Auspuffanlage, das Schaltgetriebe oder den großen Motor. Die Automobilhersteller sparen an dieser Stelle Kosten, was sich im Preis des E-Mobils niederschlagen sollte.

Der zweite wichtige Schritt ist die Speicherkapazität eines E-Mobils. Für die Zukunft ist es von zentraler Bedeutung, die Batterietechnik weiterzuentwickeln und stetig zu verbessern. Ich bin sicher, dass die Nachfrage nach E-Fahrzeugen steigen wird, sobald die ersten Modelle mit einer Reichweite von 400-500 km auf den Markt kommen. Natürlich auch hier zu einem vernünftigen Preis.

Wagenblass: Was begeistert Sie noch an Ihrem E-Auto?

Schmidt: Neben der enormen Kostenersparnis im Unterhalt hat mich die Anzugstärke eines E-Fahrzeugs sehr beeindruckt. Unser Nissan Lieferwagen beschleunigt innerhalb von drei Sekunden auf 80 Stundenkilometer und fährt trotzdem ruhig. Da muss man sich schon selbst disziplinieren, um nicht innerhalb von vier Wochen so viele Strafzettel wegen zu schnellem Fahren zu kassieren, wie sonst über das ganze Jahr verteilt.

Sie möchten mehr Informationen bezüglich der Ladeinfrastruktur sowie der Reparatur von Elektrofahrzeugen? Dann lesen sie doch meinen passenden Beitrag zum Thema E-Mobility

Themen: E-Mobility

David Wagenblass

Autor: David Wagenblass

David Wagenblass ist seit 2007 in verschiedenen Positionen für MVV tätig. Über 10 Jahre verantwortete er das Kooperationsmanagement im Geschäftskundenvertrieb. Aktuell ist er für die Entwicklung und Vermarktung von Ladeinfrastrukturlösungen für Unternehmen und Wohnimmobilien zuständig.

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