Hochtemperaturwärmepumpen – so schnell rechnen sie sich für Industrie und Gewerbe

09.12.22 12:53 von Jörg Schlehe

GettyImages-1036169300_1240x840pxMit einer Wärmepumpe lassen sich heute Häuser und Wohnungen komfortabel und dekarbonisiert heizen. Aber wussten Sie auch, dass sich auch Industrieunternehmen und Gewerbebetriebe mit Wärmepumpen vom Energieträger Erdgas unabhängig machen können? Der Schlüssel dazu sind sogenannte Hochtemperaturwärmepumpen, denn diese erreichen verschiedenste Temperaturniveaus. Dank der Förderung dieser Technologie lohnt sich das für Unternehmen sogar viel schneller, als viele erwarten. Mitunter sogar innerhalb eines Jahres. Mehr dazu erfahren Sie in diesem Blog – und im kostenlosen Webinar "Hochtemperaturwärmepumpe: Industrielle Wärmeversorgung ohne Erdgas" am 14. Dezember um 9 Uhr.

 

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So arbeitet eine Hochtemperaturwärmepumpe 

Das Prinzip einer Wärmepumpe ist nicht sonderlich kompliziert. Denn im Grunde entzieht sie einem Medium (der Luft oder einer Flüssigkeit) die dort vorhandene Wärme. Dabei wird diese Wärme über einen sogenannten Verdampfer in den Kreislauf der Wärmepumpe eingebracht. Im Kreislauf wird diese Wärme dann transportiert, mithilfe eines Verdichters hebt die Wärmepumpe das Temperaturniveau. Dies geschieht in den meisten Fällen mit elektrischer Energie und ist, wenn das Konzept der Anlage professionell erstellt wurde, sehr effizient. Die Wärmepumpe gibt diese hohe Temperatur dann wieder ab – über den sogenannten Kondensator. Die hier angefügte Grafik soll Ihnen das schematisch verdeutlichen: 

Grafik Blogartikel Hochtemperaturwärmepumpe_ZW_221208

Diese Wärmepumpen können hohe Temperaturen erzeugen

Je nach Anwendungsfall brauchen Unternehmen und Betriebe sehr unterschiedliche Temperaturniveaus für ihre Prozesse. Bei Heizenergie zum Beispiel reichen maximal 80 Grad Celsius. Geht es um Prozesswärme, können weit über 120 Grad nötig sein. Aus diesem Grund unterscheiden wir bei Wärmepumpen drei verschiedene Klassen: 

  • Konventionelle Wärmepumpen: Sie sind bis etwa 80 Grad Celsius einsetzbar.
  • Hochtemperaturwärmepumpen (HTWP): Sie eignen sich für Temperaturen von 80 – 100 Grad Celsius.
  • Very High Temperatur Wärmepumpen (VHTWP) oder Höchsttemperaturwärmepumpen. Diese erreichen Temperaturen jenseits der 120 Grad Celsius.

Die Jahresarbeitszahl entscheidet über die Effizienz 

Wie oben ausgeführt, verwenden Wärmepumpen elektrische Energie bei der Erzeugung von Wärme. Dabei arbeiten manche Systeme effizienter als andere. Das liegt aber nicht nur an der eingesetzten Technologie, sondern auch am Temperaturhub. Dieser beschreibt den Unterschied zwischen der Ausgangstemperatur der Wärmequelle und der abgegebenen Wärme. Je kleiner dieser Temperaturhub (auch Delta T/ ΔT genannt) ist, desto effizienter ist ein System. 

Dazu kommt, dass Wärmepumpen technisch mehr oder weniger effizient sein können. Um das zu ermitteln, gibt es zwei definierte Zahlen. Die erste Kennzahl ist der COP (Coefficient of Performance). Er beschreibt das Verhältnis von Nutzen zu Aufwand oder anders gesagt: das Verhältnis von der am Ende nutzbaren Wärme zu der anfangs eingebrachten elektrischen Energie. Der COP in den Datenblättern der Hersteller gilt immer für definierte Temperaturen auf der „kalten“ und heißen Seite der Wärmepumpe.

Wesentlich aussagekräftiger als dieser – bei normierten Standardbedingungen ermittelte – COP ist aber die JAZ, die Jahresarbeitszahl. Denn sie ermittelt die durchschnittliche Effizienz der Pumpe über das ganze Jahr hinweg. Als effizient gelten hier Anlagen, die eine JAZ von etwa 3 aufweisen. Das bedeutet, dass sie aus beispielsweise 1.000 kWh Strom 3.000 kWh Wärme im Jahr erzeugen.

Diese Wärmequellen und Prozesse passen zusammen

Der oben schon erwähnte Temperaturhub ΔT ist besonders entscheidend für die Effizienz einer Wärmepumpenanlage. Beträgt er zum Beispiel 25 Kelvin, arbeitet eine Wärmepumpe etwa doppelt so effizient wie bei einem ΔT von 50 Kelvin.

Professionelle Planer werden also immer darauf versuchen, die passenden Wärmequellen sowie die entsprechenden Prozesse und Temperaturniveaus miteinander zu verknüpfen. Um Ihnen einen Überblick über mögliche Kombinationen zu geben, haben wir Ihnen ein paar beispielhafte Wärmequellen und Prozesse aufgelistet: 

Grafik Blogartikel Hochtemperaturwärmepumpe_industrielle Wärmeerzeugung_ZW_221208

Auch auf das richtige Kältemittel kommt es an

Für den Einsatz in Wärmepumpen gibt es eine Vielzahl von Kältemitteln. Einige sind gesundheitsschädlich, andere wiederum umweltgefährdend, leicht entzündbar oder klimaschädlich. Um den Einsatz dieser Mittel zu reduzieren, wurde die sogenannte F‑Gase-Verordnung ins Leben gerufen. Als zukunftsfähige Kältemittel gelten heute solche, die ein geringes Global Warming Potential (GWP) und Ozon Depletion Potential (ODP) aufweisen. 

Dazu kommt, dass unterschiedliche Kältemittel ihre Stärken in verschiedenen Einsatz- und Temperaturbereichen ausspielen. Hier geht es um thermische Eignung, Sicherheit, Effizienz, volumetrische Heizleistung und nicht zuletzt um Kosten, Verfügbarkeit und die sichere technische Beherrschbarkeit. Details dazu erfahren Sie in unserem Webinar. 

So werden Wärmepumpen gefördert

Weil Wärmepumpen eine Schlüsseltechnologie bei der Dekarbonisierung sind, werden sie beim Einsatz in Industrie und Wirtschaft gefördert. Das macht sie finanziell noch interessanter, als es die ohnehin sehr hohen Erdgaspreise aktuell tun. Aber sehen Sie am besten selbst: 

Möglichkeit 1: Das Marktanreizprogramm

Hier wird im Modul 2 „Prozesswärme aus Erneuerbaren Energien“ gefördert. Dabei geht es um die Investitionskosten, die Kosten für Planung, Installation und Anschluss. Geförderte Unternehmen erhalten einen Tilgungszuschuss vom BAFA oder ein zinsgünstiges Darlehen über die KfW-Bank. Die Förderhöhe beträgt nach De-minimis Förderung bis zu 200.000 Euro. Bei größeren Projekten erreichen Unternehmen einen Tilgungszuschuss von 45 Prozent der förderfähigen Kosten beziehungsweise 55 Prozent für KMU.

Möglichkeit 2: Bundesförderung für effiziente Gebäude

Je nachdem greifen hier verschiedene Förderungen. In der Wohnungswirtschaft kann das die BEG-WG für Wohngebäude sein, für die Industrie und Wirtschaft die BEG-NWG für Nichtwohngebäude. Wärmepumpen werden außerdem als BEG-EM Einzelmaßnahmen mit 40 Prozent bezuschusst. 

Möglichkeit 3: Bundesförderung für effiziente Wärme (seit 15.09.2022)

Über dieses Programm können Sie sich Förderungen bei der Installation eines Wärmepumpensystems oder einer Hochtemperaturwärmepumpe sichern. Dabei gibt es nicht nur direkte Förderungen, sondern dazu auch eine Betriebskostenförderung für die Wärmepumpe.

Wie schnell kann sich so etwas rechnen? 

Um das zu ermitteln, kalkulieren wir mit den gesamten Wärmekosten. Diese setzen sich zusammen aus Kapitalkosten, Betriebskosten und Verbrauchskosten. Damit konkret wird, wie wirtschaftlich die Investition in eine Wärmepumpe sein kann, haben wir zwei auf realen Werten basierende Beispielrechnungen für Sie angestellt. Die erste Rechnung bezieht sich dabei auf eine bestehende 1.000 Kilowatt Erdgas-Anlage und die zweite auf eine 1.000 Kilowatt Hochtemperaturwärmepumpen-Anlage.

Beide Modelle könnten etwa in der Lebensmittelindustrie Anwendung finden, da dort gleichzeitig Kühl- und Heizbedarf besteht. Die Idee dieser Installation: Eine Wärmepumpe nutzt die Abwärme der Kälteerzeugung für die Beheizung des Wärmepumpenverdampfers. Dabei entstehende Wärme wird mittels einer Wärmepumpe auf ein höheres Temperaturniveau gehoben und sie steht zur Erzeugung von heißem Prozesswasser zur Verfügung. 

Die Erdgasanlage:

Hier rechnen wir mit 0 Euro Kapitalkosten (da diese bereits Teil des Bestands und abgeschrieben ist). Denn wir nehmen an, dass die Anlage bereits abgeschrieben ist. Betriebskosten der Anlage veranschlagen wir mit einer realistischen Höhe von 8.100 Euro pro Jahr (3 Prozent). Dazu kommen Verbrauchskosen (Erdgas: 80 Euro/MWh; Strom: 160 Euro/MWh) von etwa 432.320 Euro im Jahr. 

Die Wärmekosten betragen also: 440.420 Euro/a (0 + 8.100 + 432.320)

Die Wärmepumpenanlage:

In diesem Beispielgehen wir davon aus, dass eine Anlage neu gebaut werden muss. Dafür rechnen wir die Förderungen und Tilgungszuschüsse ein. Bei einer 650.000 Euro Anfangsinvestition und einem 225.000 Euro hohen BAFA Tilgungszuschuss sowie einer Kredit-Laufzeit samt Zinsbildung (angenommene 5 Prozent) von 10 Jahren bleiben abzüglich der Förderung 55.000 Euro Kapitalkosten im Jahr. Dazu kommen wieder die 3 Prozent Betriebskosten, das sind 19.500 Euro im Jahr und die Verbrauchskosten von 213.280 Euro (160 Euro/MWh). 

Die Wärmekosten betragen also: 287.500 Euro/a (55.000 + 19.500 + 213.280)

Die in der Rechnung herangezogenen Zahlen können sich im Zuge der weiteren Energiemarktentwicklung ändern, jedoch wird sich am Verhältnis von Strom- zu Erdgaspreis (etwa 2:1) auch bei steigenden oder sinkenden Energiepreisen wenig ändern. Wir möchten mit diesem Beispiel zeigen, wie kurz die Amortisationszeiten von HTWP-Projekten sind, wenn das Konzept stimmt. Als Contracting-Lösung rentieren sich Wärmepumpeninstallationen sogar von der ersten Stunde an.

Sie möchten mehr darüber wissen und die Zahlen im Detail kennenlernen? Besuchen Sie unser kostenloses Webinar “Hochtemperaturwärmepumpe: Industrielle Wärmeversorgung ohne Erdgas”. Es findet am 14. Dezember um 09:00 Uhr statt. Jörg Schlehe (Effizienzexperte für Kunden aus der Industrie) wird Ihnen gemeinsam mit Dr. Meißner (Projektleiter für die Entwicklung und den Bau von Energieanlagen zur Wärme-, Dampf-, Kälte- und Stromversorgung von Industrieanlagen sowie Immobilien) mehr zu diesem spannenden und lohnenden Thema erzählen. 

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Themen: Wärmepumpe

Jörg Schlehe

Autor: Jörg Schlehe

Nach seinem Maschinenbaustudium in Aachen begann Jörg Schlehe sein „Leben im Kraftwerk“ als Betriebsingenieur im Industriekraftwerk der Degussa AG in Krefeld, später leitete er die Energieversorgung der Arvato-Tiefdruckerei Eurogravure in Norditalien. Als Leiter Kraftwerk der Papierfabrik Palm in Wörth betrieb sein Team ein GuD-Kraftwerk mit Reststoffkessel. Seit 2013 starte er sein „Leben bei MVV“ als Leiter des technischen Assetmanagements, seit 2020 als Vertriebsingenieur im Team Businesskunden.

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