Strompreis 2021: Abgaben, Umlagen und Privilegierungen

05.11.20 15:15 von Erik Reiß

Strompreis_2021Eine positive Nachricht vorweg: Unternehmen und Institutionen können 2021 mit weitgehend stabilen Strompreisen rechnen. Möglich macht dies vor allem die im Rahmen des Corona-Konjunkturpakets von der Bundesregierung beschlossene Deckung der EEG-Umlage. Sie sinkt damit um fast 4 Prozent. Auch die Offshore-Netzumlage geht elicht zurück, während anderen staatliche Abgaben und Umlagen steigen. Wie entwickeln sich diese Bestandteile des Strompreises im Einzelnen? Und wer kann Privilegierungen in Anspruch nehmen?

Das Wichtigste in Kürze

  • Die EEG-Umlage reduziert sich um fast 4 Prozent auf 6,5 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) – dank eines Bundeszuschusses in Höhe von 11 Milliarden Euro
  • Die politisch gewollte Reduzierung der EEG-Umlage geht zu Lasten der fossilen Energieträger
  • Die Offshore-Netzumlage sinkt um 0,021 ct/kWh zurück auf 0,395 ct/kWh (nichtprivilegierte Letztverbraucher)
  • Die KWKG-Umlage steigt leicht an auf 0,254 ct/kWh (2020: 0,226 ct/kWh)
  • Die § 19 StromNEV-Umlage beträgt künftig 0,432 ct/kWh (Letztverbrauchergruppe A) – ein Plus von fast 21 Prozent
  • Die Umlage für abschaltbare Lasten erhöht sich auf 0,009 ct/kWh (2020: 0,007 ct/kWh)
  • Es gibt Sonderregeln für stromkostenintensive Unternehmen: Diese können bei der EEG-Umlage, der KWKG-Umlage, der § 19 StromNEV-Umlage und der Offshore-Netzumlage Ermäßigungen beantragen

Steuern, Abgaben und Umlagen: Was kommt 2021 auf Sie zu?

Der Strompreis setzt sich aus verschiedenen Kostenblöcken zusammen. Der größte umfasst dabei die staatlich festgelegten Umlagen, Abgaben und Steuern. Zusammen machen sie über die Hälfte des Strompreises aus. Diese staatlichen Belastungen des Strompreises liegen auch 2021 auf sehr hohem Niveau.

Damit bleibt die Abgabenlast in Deutschland hoch – ein Beispiel: Ein mittelgroßes Altenpflegeheim mit einem Verbrauch von 1,25 GWh/a bezahlt knapp 10 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) an Abgaben, Umlagen und Steuern. Bei einem Strompreis von 17 ct/kWh sind dies fast 60 Prozent der Gesamtkosten!

Steuern und Abgaben Industriestrom 2020

Die Entwicklung der fünf Abgaben und Umlagen

1. EEG-Umlage 2021 politisch gedeckelt

2021 6,50 ct/kWh
2020 6,756 ct/kWh

Im kommenden Jahr sinkt die EEG-Umlage um 3,8 Prozent auf 6,50 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh). 2022 soll sie sogar auf 6 ct/kWh fallen.

  • Die EEG-Umlage dient dazu, die nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gewährte Förderung von Ökostrom zu finanzieren. Sie ist einer der größte Posten auf der Stromrechnung und verursacht mehr als ein Fünftel des Strompreises (22 Prozent).
  • Die genaue Höhe der EEG-Umlage hat in diesem Jahr erstmals die Bundesregierung bestimmt. Für die Deckelung der Umlage stellt sie einen Bundeszuschuss in Höhe von 11 Milliarden Euro zur Verfügung. Er stammt aus Mitteln des Corona-Konjunkturpakets und Einnahmen aus dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG). Ohne diesen politischen Eingriff wäre ein deutlicher Anstieg der EEG-Umlage für das kommende Jahre zu erwarten gewesen. Denn das EEG-Konto weist ein Rekorddefizit auf. Das liegt am krisenbedingt niedrigen Börsenstrompreis bei gleichzeitig hoher Einspeisung von Erneuerbaren Energien. Die Erlöse an der Börse reichen daher nicht aus, um die Zahlungszusagen an die Betreiber zu decken.

Entwicklung EEG Umlage 2020

  • Es gibt Sonderregelungen für stromintensive Unternehmen (§§ 63 ff EEG 2017): Sie können auf Antrag beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle eine Ermäßigung der EEG-Umlage erhalten. Wer kann von dieser Privilegierung nach der „Besonderen Ausgleichsregelung“ profitieren?
    • Unternehmen aus bestimmten Branchen, die im internationalen Wettbewerb stehen und
    • im letzten Geschäftsjahr mehr als eine Gigawattstunde Strom verbraucht haben.

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2. KWKG-Umlage steigt leicht

2021 0,254 ct/kWh
2020 0,226 ct/kWh

Die KWKG-Umlage steigt zum ersten Mal seit drei Jahren leicht an. Nichtprivilegierte Letztverbraucher bezahlen im kommenden Jahr 0,254 ct/kWh (2020: 0,226 ct/kWh).

  • Mit der Umlage wird die Erzeugung von Strom aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen gefördert. Der Anlagenbetreiber erhält durch sie einen Zuschlag vom Stromnetzbetreiber für den in einem BHKW oder in einer MikroGasTurbine (MGT) erzeugten Strom.
  • Stromintensive Unternehmen können eine reduzierte KWKG-Umlage beantragen, wenn sie für das betreffende Kalenderjahr einen EEG-Begrenzungsbescheid besitzen

3. § 19 StromNEV-Umlage erhöht sich um 21 Prozent

Letztverbraucher Gruppe A

Strommengen von Letztverbrauchern für die jeweils ersten 1 Mio. kWh pro Jahr und Abnahmestelle.

2021 0,432 ct/kWh
2020 0,358 ct/kWh

Die Abgabe für die ersten 1.000.000 kWh/a erhöht sich um über 20 Prozent auf 0,432 ct/kWh (Letztverbrauchergruppe A). Dies bedeutet ein Plus von 0,074 ct/kWh. Übersteigt der Jahresverbrauch eines Letztverbrauchers an einer Abnahmestelle 1.000.000 kWh, zahlen sie für über 1.000.000 kWh hinausgehende Strombezüge eine maximale Umlage von 0,050 ct/kWh. 

  • Die § 19 StromNEV-Umlage dient dem Ausgleich der Mindereinnahmen, die durch die Netzentgeltentlastung von stromintensiven Industriekunden entstehen.
  • Sparen können energieintensive Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe, deren Stromkosten im vergangenen Geschäftsjahr vier Prozent des Umsatzes überstiegen haben. Sie bezahlen für Strommengen, die über 1.000.000 kWh hinausgehen, maximal 0,025 ct/kWh.

4. Offshore-Netzumlage sinkt leicht

Letztverbraucher Gruppe A

Strommengen von Letztverbrauchern für die jeweils ersten 1 Mio. kWh pro Jahr und Abnahmestelle.

2021 0,395 ct/kWh
2020 0,416 ct/kWh

Bei dieser Umlage ergibt sich eine kleine Senkung. Ab 2021 beträgt sie 0,395 ct/kWh für nichtprivilegierte Stromverbraucher.

  • Sie umfasst sämtliche Kosten für die Planung und Umsetzung der Netzanschlüsse von Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee sowie Entschädigungszahlungen an Anlagenbetreiber, die durch Störungen oder Verzögerungen anfallen.
  • Eine Reduzierung der Offshore-Netzumlage auf 15 bis 20 Prozent ist über die Besondere Ausgleichsregelung gem. §§ 63 ff. EEG möglich

5. Umlage für abschaltbare Lasten steigt leicht

2021 0,009 ct/kWh
2020 0,007 ct/kWh

Diese Netzumlage liegt 2021 bei 0,009 ct/kWh (2020: 0,007 ct/kWh).

  • Sie gleicht Vergütungszahlungen der Übertragungsnetzbetreiber an Anbieter von „Abschaltleistung“ aus. Diese fließen beispielsweise an Industriebetriebe, die vorübergehend auf ihre Stromlieferung verzichten können, wenn gerade nicht genügend Strom im Netz vorhanden ist.
  • Die Umlage muss stets voll gezahlt werden. Es gibt keine Privilegierungen. 

Hintergrund: Das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG)

Auf die künftigen Gaspreise wird sich eine gesetzliche Neuregelung auswirken: Ab 01.01.2021 gilt das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG). Damit sind für den beim Verbrauch von Gas entstehenden Ausstoß von CO2 eine entsprechende Anzahl an CO2-Zertifikaten zu kaufen. Die dadurch bei den Gaslieferanten entstehenden Kosten werden in der Regel in den Gaspreis einfließen. Für das Jahr 2021 kostet ein Zertifikat 25,00 Euro je Tonne CO2, in den folgenden Jahren steigt dieser Wert schrittweise weiter an. Zumindest einen Teil dieser Einnahmen will der Gesetzgeber einsetzen, um die EEG-Umlage zu senken.

 

Erfahren Sie mehr dazu – hier und in unserem Webinar „Strompreis aktuell – Die Steuern & Abgaben 2021 am 12. November. Im Webinar informieren wir Sie auch über gesetzliche Änderungen und die Auswirkungen des Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG).

 

Fazit

Die Strompreise in Deutschland sind im europäischen Vergleich unverändert sehr hoch. Die Entlastung der EEG-Umlage um rund 11 Mrd. Euro wird aus dem Bundeshaushalt bzw. aus den Einnahmen durch das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) aufgewendet. Dies verteuert den Einsatz von Erdgas und anderen fossilen Energieträgern deutlich. Sie sollten daher unbedingt prüfen, ob Sie Privilegierungen in Anspruch nehmen können. Ein ganzheitliches, auf Effizienz ausgerichtetes Energiekonzept kann zu einer nachhaltigen Kostenentlastung führen.

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Themen: Steuern und Abgaben

Erik Reiß

Autor: Erik Reiß

Erik Reiß ist seit 1999 in verschiedenen Positionen, aktuell als Energiemanager, beim BFE Institut für Energie und Umwelt (ein Unternehmen der MVV Energie Gruppe) tätig. Seine Aufgabenschwerpunkte liegen in der Durchführung von Effizienzberatungen sowie in der Erstellung von kaufmännischen und technischen Potenzialanalysen. Zusätzlich verantwortet er bei BFE den Fachbereich Gesetzliche Regelungen.

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