Strompreis 2020: Weckruf für Effizienzmuffel!

Steuern, Abgaben, Umlagen, Netzentgelte: Wenn der Strom im Unternehmen ankommt, ist er rund viermal so teuer wie „ab Werk“. 2020 müssen Firmen und Institutionen mit weiteren Kostenbelastungen rechnen. Denn die EEG-Umlage wird sich stärker verteuern als von den meisten Beobachtern erwartet. Auch zwei weitere Umlagen steigen, einzig die KWK-Umlage sinkt leicht. Hinzu dürfte in Zukunft noch die neue CO2-Steuer kommen. Die Zeit ist reif, hohen Stromkosten entgegenzuwirken und Effizienzmaßnahmen anzupacken.

Trend zu höherer Kostenbelastung

„Die Steuer- und Abgabenlast beim Strom ist mit über 50 Prozent zu hoch und muss verringert werden“: Solche und ähnliche Aussagen gibt es seit Jahren von Branchen- und Wirtschaftsverbänden zu hören. Die gegenwärtige Entwicklung geht allerdings in die Gegenrichtung:

 

  • Nach zwei Senkungen in Folge steigt die EEG-Umlage 2020 kräftig um 5,5 Prozent. Künftig werden 6,756 ct/kWh fällig, ein Plus von 0,351 ct.
  • Zweimal rauf und einmal runter heißt es bei drei weiteren Kostenpositionen. Die Umlage nach § 19 Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) steigt von 0,305 ct/kWh auf 0,358 ct/kWh. Die Umlage für abschaltbare Lasten wird im nächsten Jahr bei 0,007 ct/kWh (2019: 0,005 ct/kWh) liegen. Dagegen sinkt die KWK-Umlage, die bislang bei 0,280 ct/kWh lag. Im kommenden Jahr werden es 0,226 ct/kWh sein.
  • Unverändert bleibt dagegen die Offshore-Netzumlage, welche die Kosten für den Netzanschluss von Offshore-Windparks deckt. Wie im Vorjahr beträgt sie für nichtprivilegierte Letztverbräuche 0,416 ct/kWh.
  • Für die mögliche neue CO2-Steuer sind vergleichsweise moderate 10 Euro pro Tonne CO2 im Gespräch. Doch auch diese Steuer würde sich verteuernd auf die Strompreise auswirken – ein Beispiel dafür: Schiffsdiesel würde durch die CO2-Steuer teurer, wodurch sich für Kohlekraftwerke die Transportkosten erhöhen würden.

 

Auch jenseits der Steuern, Abgaben und Umlagen drohen Kostensteigerungen. Denn es ist davon auszugehen, dass die Netzentgelte 2020 um durchschnittlich 6 Prozent angehoben werden. Das zeigt: Der Umbau der Stromnetze entsprechend den Anforderungen der Energiewende bleibt eine Dauerbaustelle – Entlastung ist nicht in Sicht.

 

Lesen Sie Näheres zu den Details der Veränderungen bei Steuern und Abgaben im Jahr 2020 in unserem Blogartikel.

 

 

Strompreis

Der Umbau der Stromnetze auf die Anforderungen der Energiewende bleibt eine Dauerbaustelle – Entlastung ist nicht in Sicht.

 

„Auch für 2021 sollten sich Unternehmen auf weiter steigende Stromkosten einstellen.“

Erik ReißViele Unsicherheitsfaktoren belasten

Auch von der Erzeugerseite ist keine Entlastung zu erwarten. Der „eigentliche“ Strompreis dürfte sich seitwärts bewegen oder tendenziell steigen. „Hier ist durch die weltpolitische Lage viel Unsicherheit im Markt, was konkrete Vorhersagen erschwert“, sagt Erik Reiß, Energiemanager, BFE Institut für Energie und Umwelt GmbH. Dazu gehören etwa die Lage in den Golfstaaten, die Entwicklung in China und die Trump’sche Außenpolitik. Hinzu kommt die zunehmende Gefahr heißer und trockener Sommer, was zu niedrigen Pegelständen der Flüsse führen kann – und damit zur Notwendigkeit der Drosselung von Kraftwerken.

Fakt bleibt: Es zeichnen sich steigende Preise ab. Doch was können Unternehmen tun, um ihre Kosten im Griff zu behalten? Erik Reiß nennt drei wichtige Ansatzpunkte.

Stromsteuerbefreiung: Fristen beachten

Sie haben eine KWK-Anlage in Betrieb, die eine elektrische Nennleistung von über 50 kW hat? Dann müssen Sie beim für Sie zuständigen Hauptzollamt einen förmlichen Antrag stellen – Stichtag 31.12.2019. „Nur so können Betreiber auch weiterhin von der Stromsteuerbefreiung profitieren, die frühere automatische Befreiung gilt für Anlagen > 50 kW nicht mehr“, erläutert Erik Reiß, Energiemanager beim BFE Institut für Energie und Umwelt GmbH. Damit steigt für Unternehmen der Verwaltungsaufwand im Vergleich zur früheren Rechtslage: „Angesichts der komplizierten Formulare greifen viele Firmen auf professionelle Unterstützung zurück, um Zeit zu sparen und Formfehler zu vermeiden.“ 

Steigende Stromkosten und kein Ende?

Für 2020 rechnet MVV Trading insgesamt mit einer zusätzlichen Kostenbelastung von bis zu 1 ct/kWh. Auch mit Blick auf die nächsten Jahre sollten Unternehmen mit tendenziell steigenden Gesamtkosten für Strom kalkulieren.

Es sieht so aus, als sei für mittelständische Firmen, aber auch soziale Einrichtungen die Zeit tatsächlich reif, die Energieeffizienz zu verbessern.

Innerbetriebliche Potenziale aufdecken

Höhere Energiepreise bedeuten im Umkehrschluss: Investitionen in höhere Energieeffizienz amortisieren sich schneller als bei niedrigen Preisen.

 

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Damit sich die hohen Investitionskosten bei der Einführung eines Energiemanagementsystems rechnen, sollten Sie auf professionelle Unterstützung zurückgreifen.

 

Ein guter Weg führt über Energiemanagementsysteme, etwa entsprechend ISO 50.001 bzw. 50.003 oder der SpaEfV. „Nicht immer muss man dabei ein großes System einführen“, sagt Reiß: „Erste Erkenntnisse gewinnt man schon, wenn man sich intensiver mit den internen Energieflüssen befasst. Dies setzt jedoch ein Monitoring mittels Messungen voraus. Ein ganzheitliches Messkonzept bildet die Basis dafür.“

Technische Ansätze zur Kostensenkung nutzen

Heizung modernisieren, Klima- und Lüftungsanlagen überprüfen, auf LED umstellen: Die Liste der technischen Ansätze zur Kostensenkung ist lang. „Manche Maßnahmen sind vergleichsweise einfach umzusetzen“, sagt Reiß: „Es bietet sich an, zunächst bei solchen ‚low-hanging fruits‘ anzusetzen.“

 

„Beispiel Druckluft: geringere Betriebskosten zum Nulltarif.“

 

Das gilt besonders bei vergleichsweise teuren Energieformen wie etwa Druckluft. „Alter Verdichter raus, baugleicher Verdichter rein: Leider werden Anlagen oft nach diesem Muster erneuert“, sagt Reiß: „Mit einer ganzheitlicheren Betrachtung können sich nicht selten Effizienzsteigerungen von 20 Prozent und mehr umsetzen lassen.“ Dazu können auch bisher nicht genutzte Technologien wie Adsorptionstrockner oder drehzahlgeregelte Kompressoren beitragen. „Lassen sich dann noch die höheren Investitionskosten durch Fördergelder bis zu 30.000 Euro abdecken, erhält man die geringeren Betriebskosten praktisch zum Nulltarif“, erläutert Reiß.

 

Erfahren Sie mehr im Webinar mit Erik Reiß.

 

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Gesetzliche Privilegierungen in Anspruch nehmen

Lassen Sie von Experten prüfen, ob Ihrem Unternehmen oder Ihrer Einrichtung Privilegien zustehen und in Anspruch genommen werden können. „Es gibt immer noch mittelständische Unternehmen, die ihre Rechte aus der ‚Besonderen Ausgleichsregelung‘ nicht kennen“, sagt Erik Reiß. Hintergrund ist, dass stromkostenintensive Unternehmen und Institutionen beispielsweise nur eine reduzierte EEG- und KWK-Umlage zahlen müssen.

 

Weniger bekannt ist, dass unter diese Regelung beileibe nicht nur Großunternehmen fallen. „Auch eine Spritzgussfirma mit zwei Dutzend Mitarbeitern kann zu den Berechtigten gehören“, so Reiß. Dann wird ab einem Verbrauch von 1 GWh/a nur noch ein Teil der EEG- und der KWK-Umlage fällig. Auch Kliniken, Krankenhäuser und Seniorenheime mit eigenen BHKWs können unter Umständen davon profitieren.

 

Privilegierungsmöglichkeiten gibt es auch bei der Paragraf-19-Umlage und bei der Offshore-Netzumlage. Lesen Sie mehr dazu in unserem Whitepaper.

 

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Drei Ansatzpunkte

1.

Gesetzliche Privilegierungen

2.

Innerbetriebliche Potenziale

3.

Technische Ansätze zur Kostensenkung