Was ist eine CO2-Bilanz?
Eine CO2-Bilanz listet die Menge an Treibhausgas-Emissionen auf, die aufgrund der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens oder im Laufe des Lebenszyklus eines Produkts entstehen. Der Begriff Treibhausgas-Bilanz ist eigentlich treffender, weil neben CO2 auch andere Treibhausgase (THG) berücksichtigt werden. Der größte Teil entfällt jedoch auf das Kohlenstoffdioxid (CO2). Deshalb werden alle anderen Treibhausgase entsprechend ihrem Treibhauspotenzial in ein CO2-Äquivalent (CO2e) umgerechnet. Das macht CO2-Bilanzen leichter verständlich und vergleichbar.
Als Grundlage für die CO2-Bilanzierung hat sich das Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol) etabliert. Es nennt umfassende globale und standardisierte Rahmenbedingungen für das Messen und Managen von Treibhausgas-Emissionen. Das GHG Protocol hat verschiedene Standards für unterschiedliche Bereiche entwickelt.
Welche Arten von CO2-Bilanzen gibt es?
Auf Unternehmensebene: Corporate Carbon Footprint (CCF)
Der Corporate Carbon Footprint fasst alle THG-Emissionen auf Unternehmensebene zusammen. Dabei unterteilt der Corporate Standard des GHG Protocol die Emissionsquellen in drei Überkategorien:
Unter Scope 1 fallen THG-Emissionen aus Quellen, die dem Unternehmen gehören oder von diesem kontrolliert werden, zum Beispiel aus der Verbrennung in Kesseln oder Fahrzeugen und aus Produktionsprozessen.
Scope 2 umfasst den CO2-Ausstoß, der bei der Erzeugung der Energie entsteht, die ein Unternehmen bezieht und verbraucht.
Zu Scope 3 gehören alle THG-Emissionen, die in der Wertschöpfungskette anfallen, etwa bei der Produktion und dem Transport zugekaufter Materialien oder Teile.
Auf Produktebene: Product Carbon Footprint (PCF)
Die Klimaauswirkungen eines Produkts oder einer Dienstleistung zeigt der Product Carbon Footprint (PCF) auf. Er enthält alle THG-Emissionen, die durch die Erbringung eines Service bzw. im Laufe des Lebenszyklus eines Produkts entstehen – von dessen Entwicklung über Produktion, Verkauf und Nutzung bis zur Entsorgung. Ein entsprechendes Rahmenwerk bildet unter anderem der Product Standard des GHG Protocol.
Welche Unternehmen müssen eine CO2-Bilanz erstellen?
Dies ist vor allem durch verschiedene Regularien vorgegeben. Aktuell besteht nur in wenigen Fällen eine ausdrückliche Pflicht zur Treibhausgas-Bilanz, viel häufiger ist diese aber erforderlich, um die gesetzlichen Anforderungen erfüllen zu können. Zudem sprechen oft gute Gründe für eine freiwillige CO2-Bilanzierung:
Beleg für das Erreichen von Klimaschutzzielen
Immer mehr Firmen formulieren eigene Klimaziele. Doch ein Klimaziel ohne Klimabilanz ist wie ein Weltrekord ohne Zeugen.
Basis für einen Transformationsplan
Auf dem Weg zur Klimaneutralität dient die CO2-Bilanz als Basis für einen Maßnahmenplan und als Controlling-Instrument.
Nachweis für (End-)Kunden
Vor allem große Unternehmen fragen zunehmend den CO2-Fußabdruck von Partnern und Zulieferern ab oder legen sogar Grenzwerte fest.
Voraussetzung für attraktive Finanzierungsmöglichkeiten
Das Klimarisiko ist ein Investitionsrisiko, so Larry Fink, CEO der Investmentgesellschaft Blackrock. Dies wird zu einer Neubewertung von Risiken und Vermögenswerten führen. Eine gute CO2-Bilanz wird damit zur Voraussetzung für attraktive Finanzierungsmöglichkeiten.
Welche Regularien erfordern eine CO2-Bilanzierung?
Regulierung | Wer ist betroffen? | CO2-Bilanz-Pflicht | Art der CO2-Bilanz |
Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) |
|
Pflicht | Corporate Carbon Footprint (CCF) |
EU-Taxonomie-Verordnung |
Portfoliomanager, Banken, Versicherungsgesellschaften und Nichtfinanzunternehmen des öffentlichen Interesses mit mehr als 500 Mitarbeitenden. Mit Inkrafttreten der CSRD erweitert sich der Anwenderkreis auf alle Unternehmen, die künftig zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sein werden. |
Indirekt verpflichtend | Product Carbon Footprint (PCF) |
Corporate Sustainability Due Dilligence Directive (CSDDD) „Lieferkettenrichtlinie“ | Unternehmen mit > 500 Beschäftigten und einem Jahresumsatz > 150 Mio. Euro | Indirekt verpflichtend | Corporate Carbon Footprint (CCF) |
Green Claim Directive | Alle Firmen innerhalb der EU (noch nicht in Kraft) | Indirekt verpflichtend | Corporate Carbon Footprint (CCF) & Product Carbon Footprint (PCF) |
EU-Ökodesign-Verordnung | Hersteller von Produkten mit Ausnahme von Lebensmitteln, Futtermitteln, Arzneimitteln, lebenden Organismen sowie Kraftfahrzeugen | Indirekt verpflichtend | Product Carbon Footprint (PCF) |
Detaillierte Beschreibung der Regularien
CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive)
Die CSRD stellt die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf eine Stufe mit der Finanzberichterstattung. Größere Aktiengesellschaften, Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen müssen bereits für das Geschäftsjahr, das 2024 begonnen hat, einen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen. Dieser muss auch eine CO2-Bilanz enthalten. In den Folgejahren erweitert sich der Kreis der verpflichteten Unternehmen (s. Tabelle). Indirekt sind aber deutlich mehr Unternehmen betroffen: Weil die CSRD eine CO2-Bilanzierung auch über Scope 3 fordert, werden die verpflichteten Unternehmen entsprechende Angaben von Partner- und Zulieferfirmen einholen.
EU-Taxonomie-Verordnung
Ziel der EU-Taxonomie ist es, Finanzprodukte hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit zu klassifizieren. Hierfür müssen Unternehmen angeben, welcher Anteil ihrer Umsatzerlöse, Investitionsausgaben und Betriebsaufwände mit ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten verbunden ist. Ein Kriterium für die Nachhaltigkeit ist es, dass der CO2-Ausstoß der Tätigkeit unterhalb eines Schwellenwertes liegt. Dies lässt sich mit einer CO2-Bilanzierung ermitteln und belegen.
Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD)
Die CSDDD („Lieferkettenrichtlinie“) enthält umfassende Umwelt- und Menschenrechtssorgfaltspflichten. Außerdem verpflichtet sie Unternehmen zur Erstellung und Umsetzung eines Transformationsplans, durch den sie sicherstellen, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie vereinbar sind mit dem Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Die CSDDD fordert nicht ausdrücklich eine Treibhausgas-Bilanz, doch diese ist unverzichtbare Basis für einen solchen Transformationsplan.
Green Claim Directive
Eine Studie der EU-Kommission hat gezeigt: 40 Prozent der umweltbezogenen Aussagen wie „energieeffizient“ oder „klimafreundlich“ in Webshops und Werbeanzeigen waren unbegründet. Um Verbraucher vor derartigen Irreführungen zu schützen, präsentierte die EU-Kommission einen Richtlinienvorschlag zu grünen Werbeaussagen („green claims“). Er sieht vor, Unternehmen dazu zu verpflichten, umweltbezogene Aussagen durch die Einhaltung bestimmter Anforderungen zu untermauern. Dazu gehört auch die Berichterstattung über Kompensationen ihres Treibhausgas-Ausstoßes, üblicherweise mit einer CO2-Bilanz.
EU-Ökodesign-Verordnung
Im Juli 2024 trat die Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte in Kraft. Sie zielt darauf ab, die ökologische Nachhaltigkeit von Produkten zu verbessern, etwa hinsichtlich Reparierbarkeit, Kreislauffähigkeit, Energiebilanz, CO2- und Umweltfußabdruck.
Für den transparenten Nachweis, dass ein Produkt der Ökodesign-Verordnung entspricht, müssen in der EU verkaufte Produkte künftig einen Digital Product Passport (DPP) tragen. Ein Bestandteil des DPP wird der CO2-Fußabdruck (PCF) sein.
Wie sollten Unternehmen bei der CO2-Bilanzierung vorgehen?
Schritt 1: Voraussetzungen schaffen
Zuallererst braucht es die Unterstützung der Geschäftsführung und vieler Mitarbeitenden. Kommunikation ist hierfür das A und O. Zudem gilt es, Verantwortlichkeiten zu bestimmen und Prozesse zu definieren.
Schritt 2: Bilanzierungsart und -grenzen festlegen
In einem Workshop wird das Konzept für die Bilanzierung erarbeitet. Dazu gehört idealerweise eine Grundlagenschulung und die Festlegung der Bilanzart (CCF/PCF) und Systemgrenzen, des Bilanzierungszeitraums, etc. Mit einer Wesentlichkeitsanalyse werden die zu bilanzierenden Scopes bestimmt.
Schritt 3: Datensammlung und -erhebung
Hier liegt meist die größte Herausforderung. Denn die nötigen Daten liegen in unterschiedlichen Systemen, Formaten, Detailtiefen und Qualitäten vor, manche sind erst noch zu ermitteln. Um diesen Prozess zu vereinfachen, hat BFE für seine Kunden hilfreiche Steckbriefe, Templates und anderen Arbeitsmaterialien entwickelt.
Schritt 4: CO2-Bilanzierung
Sind die Daten komplett, werden die erforderlichen Werte errechnet, für die CO2-Bilanz zusammengetragen und aufbereitet. Noch mehr über die CO2-Bilanzierung erfahren Sie in unserem kostenfreien Webinar „CO2-Bilanz: Welche Unternehmen brauchen sie?“
Fazit
Viele Unternehmen sind durch Regularien direkt oder indirekt zur CO2-Bilanzierung verpflichtet. Auch für alle anderen ist es oft sinnvoll, eine Treibhausgas-Bilanz zu erstellen. Mehr noch: Durch die Anforderungen von Partnern, (End-)Kunden und Investoren wird sie zunehmend zu einem Wettbewerbsfaktor. Die Kolleginnen und Kollegen von BFE unterstützen Sie bei der normgerechten Bilanzierung, vom ersten Schritt bis zur fertigen Bilanz. Das gibt Ihnen die Sicherheit, dass die Klimabilanz Ihres Unternehmens allen Anforderungen gerecht wird. Und auf Wunsch begleitet BFE Sie auch dabei, mithilfe einer Klimastrategie Ihre Klimabilanz stetig zu verbessern und Ihre Klimaziele zu erreichen.
Autor: Julia Evseev
Consultant für Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsmanagement, BFE Institut für Energie und Umwelt GmbH
Julia Evseev begann ihre berufliche Laufbahn bei einer Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft, die zu den „Big Four“ gehört. Hier unterstützte sie zwei Jahre lang Beratungsprojekte im Bereich der ESG-Compliance. Beim BFE setzt sie ihr Engagement für Nachhaltigkeit fort und arbeitet daran, die langfristigen Ziele von Unternehmen mit nachhaltigen Werten und Praktiken in Einklang zu bringen. Dank ihrer ausgeprägten Expertise in der Bewertung von ESG-Faktoren und der Anpassung von Unternehmensstrategien an die sich ändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen hat sie sich als kompetente Beraterin etabliert.
Inhaltsverzeichnis
- Wärmeversorgung (13)
- Steuern und Abgaben (12)
- Energiemanagement (11)
- Dekarbonisierung (10)
- E-Mobility (9)
- Energiemessung (9)
- Energiebeschaffung Strom / Gas (8)
- Fördermittel und -programme (7)
- Kälte-, Klima- und Lüftungstechnik (6)
- Photovoltaik (6)
- Rechenzentrum (6)
- Beleuchtung (5)
- Druckluft (5)
- Nachhaltigkeit (5)
- Wärmepumpe (5)
- Experten-Interview (4)
- Lastmanagement (4)
- Netzentgelte (4)
- Stromspeicher (4)
- Fernwärme (3)
- Power Purchase Agreement (3)
- Energieaudit (2)
- Wasserstoff (2)
- ISO 50001 (1)