Prozesswärme aus holzartigen Brennstoffen erzeugen

20.04.23 08:45 von Jörg Schlehe

 

MVV_28950_1240x840pxDekarbonisierung sowie hohe Energie- und CO2-Preise erfordern neue Lösungen bei der Prozesswärmebereitstellung. Biomasse kann die Eigenversorgung für Industriebetriebe sichern. Die technischen Lösungen sind ausgereift, die Versorgungssicherheit ist gegeben und Contracting-Lösungen sind Rundum-sorglos-Pakete. Fördergelder machen die Anlagen zudem attraktiv.

Holzartige Brennstoffe als Alternative

Die thermische Verwertung von biogenen Reststoffen ist eine realistische Alternative zu den fossilen Brennstoffen Kohle, Erdgas und Heizöl für die Prozesswärmegewinnung. Industriebetriebe können klimaneutral Prozesswärme auf dem benötigten hohen Temperaturniveau erzeugen – regional und versorgungssicher.

Günstige Reststoffe verbrennen

Für die Erzeugung von Prozesswärme kommen Holz aus der Landschaftspflege sowie Altholz als Brennstoff infrage. Dabei wird der Umstand genutzt, dass Holz an vielen Orten quasi als Abfall anfällt: bei der Landschaftspflege, als Verschnitt in der Sägeindustrie oder eben als Altholz – das Altholz hat die stoffliche Nutzungskaskade vollständig durchlaufen und wird in Deutschland schlussendlich thermisch verwertet. Auch das Landschaftspflegeholz eignet sich kaum zu anderen Zwecken. Neben Verschnitt fällt in der Sägeindustrie Sägemehl an, das wahlweise zu Spanplatten weiterverarbeitet wird oder ebenfalls als Brennstoff, in Form von Pellets, genutzt werden kann.

Hohe Flexibilität bei der Wahl der Brennstoffe

Biomasse-Heiz(kraft)werke, kurz: BMH(K)W, sollten stets auf ein hohes Maß an Brennstoffflexibilität ausgelegt werden. Die Betreiber können dadurch flexibel auf Marktbewegungen reagieren.

BMH(K)W sind in ihrem Aufbau komplexer als eine konventionelle Kesselanlage. Aufgrund der Eignung in der Wärmegrundlast muss die Auslegung entsprechend der Bedarfslastgänge individuell und sorgfältig geplant werden. Neben dem Kessel selbst gibt es Subsysteme wie Brennstoff- und Aschelogistik und Abgasanlage (Multizyklon, Filter, Harnstoffeindüsung etc.). Für die Errichtung eines BMH(K)W bietet sich das Contracting-Modell an, bei dem ein Contractor einen Full-Service übernehmen kann. Die Mannheimer MVV Enamic bietet eine ganzheitliche Dienstleistung an, die Planung, Errichtung, Fördermittelmanagement, Behördenkommunikation, Finanzierung, Betrieb, Brennstoffbeschaffung, Instandhaltung etc. umfasst.

Ein besonderer Service des Contractors ist das Stoffstrommanagement. Stoffstrommanager sorgen dafür, dass das Heizwerk zu jeder Zeit optimal mit Brennstoff versorgt wird und kümmern sich um die Entsorgung der anfallenden Aschen. Durch das umfangreiche Angebot an Dienstleistungen kann sich das Unternehmen voll auf sein Kerngeschäft konzentrieren.  

Attraktiv durch staatliche Förderung

Gut zu wissen: Auch in einem Contracting-Modell lassen sich die möglichen Fördermittel beantragen. Ein Contractor übernimmt in diesem Zusammenhang sowohl die Beantragung der Fördermittel als auch den gesamten Genehmigungsprozess. Unternehmen, die mehr als 50 Prozent ihrer Prozesswärme durch ein Biomasse-Heizwerk erzeugen, können dabei von hohen staatlichen Zuschüssen von bis zu 55 Prozent der Mehrkosten profitieren (EEW Modul 2).  

Mit der Förderung bietet die Wärmeerzeugung aus Biomasse bei entsprechend großer Auslastung einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber der konventionellen Versorgung mit Erdgas. Infolge der Preisdifferenz zwischen knappem, teurem Erdgas inklusive CO2-Bepreisung und der vergleichsweise günstigen Biomasse lässt sich durch das Wärme-Contracting schon heute Prozesswärme günstiger erzeugen als mit Erdgas.    

Unabhängig von globalen Lieferketten

Durch die Nutzung von regional verfügbarer, nachwachsender Biomasse können sich die Betriebe auch auf ihre Versorgungssicherheit verlassen und sind unabhängig vom Weltmarkt. In Zeiten brüchiger globaler Lieferketten ist das ein weiteres Argument. Die Brennstofflager sind so konzipiert, dass die Brennstoffversorgung über vier bis fünf Tage, also auch über ein verlängertes Feiertagswochenende, sichergestellt ist. Natürlich sollten die Transportwege für die biogenen Brennstoffe kurz bleiben. Die ausreichende Verfügbarkeit von regionalen biogenen Brennstoffen ist von Projekt zu Projekt zu prüfen. 

Keine Umweltbelastung

Selbstverständlich liegt bei der Verbrennung von holzartigen Brennstoffen ein Fokus auf der Luftreinhaltung und Abfallentsorgung. Restemissionen an Feinstaub werden über moderne Rauchgasreinigungsanlagen herausgefiltert. Die bei der Verbrennung als Abfall anfallenden Aschen können im Landschaftsbau oder in der Waldwirtschaft als Dünger verwendet werden. Belastete Aschen werden, entsprechend ihrem Abfallschlüssel, auf Deponien entsorgt.

Fazit

Erfahrende Contractoren bieten eine Wärme/Dampf-Versorgung auf Basis von Holz als Full-Service an. Die Operations-Spezialisten des Dienstleisters sorgen für die verlässliche Beschaffung von Brennstoff mit optimaler Qualität und den reibungslosen Betrieb der Anlagen über die vereinbarte Vertragslaufzeit. Nach Ablauf des Contracting-Vertrags geht die Anlage zu einem vertraglich vereinbarten Restwert in das Eigentum des Kunden über. Der eingearbeitete Dienstleister sollte als Betriebsführer den zuverlässigen Weiterbetrieb der Anlage reibungslos fortführen.

Themen: Wärmeversorgung

Jörg Schlehe

Autor: Jörg Schlehe

Nach seinem Maschinenbaustudium in Aachen begann Jörg Schlehe sein „Leben im Kraftwerk“ als Betriebsingenieur im Industriekraftwerk der Degussa AG in Krefeld, später leitete er die Energieversorgung der Arvato-Tiefdruckerei Eurogravure in Norditalien. Als Leiter Kraftwerk der Papierfabrik Palm in Wörth betrieb sein Team ein GuD-Kraftwerk mit Reststoffkessel. Seit 2013 starte er sein „Leben bei MVV“ als Leiter des technischen Assetmanagements, seit 2020 als Vertriebsingenieur im Team Businesskunden.

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