Im Folgenden geben wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Kältemittel und ihren Einsatz in Industrie und Gewerbe. Wir legen den Schwerpunkt auf die Verwendung von Kältemitteln bei Wärmepumpen. Doch die meisten Informationen lassen sich auch auf Kälteanwendungen übertragen. Beachten Sie in diesem Zusammenhang die neue F-Gase-Verordnung. Diese betrachten wir in einem eigenen Blogbeitrag näher.
Kältemittel in industriellen Anwendungen
Im industriellen Bereich spielen Kältemittel eine entscheidende Rolle in zahlreichen Anwendungen – zum Beispiel in der Lebensmittelproduktion, der chemischen Industrie und der Metallverarbeitung. Hochtemperatur-Wärmepumpen und industrielle Kühlsysteme erfordern Kältemittel mit ganz besonderen physikalischen Eigenschaften, um eine effiziente und sichere Wärmeübertragung zu gewährleisten. In der Vergangenheit waren chlorierte Fluorkohlenwasserstoffe (FCKW) weitverbreitet. Diese wurden wegen ihrer schädlichen Auswirkungen auf die Ozonschicht durch umweltfreundlichere Alternativen ersetzt. Heute kommen vermehrt Hydrofluorolefine (HFO) und natürliche Kältemittel zum Einsatz. Das minimiert die Umweltauswirkungen und optimiert die Effizienz industrieller Kühlsysteme.
Welche Kältemittel gibt es?
Kältemittel werden je nach chemischer Zusammensetzung in verschiedene Kategorien eingeteilt, darunter Fluorkohlenwasserstoffe, Kohlenwasserstoffe und natürliche Kältemittel wie Ammoniak oder CO2. Die Auswahl des geeigneten Kältemittels hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie Umweltverträglichkeit, Effizienz und Sicherheitsaspekten. Die wichtigsten Kältemittel sind im kommenden Abschnitt im tabellarischen Überblick dargestellt.
Kältemittel |
Handelsname |
Tkrit in bar |
pkrit in bar |
Sdp. in °C |
ODP* |
GWP** |
SG*** |
Relativer Preis zu CO2 |
FCKW: verboten gemäß Montreal Protokoll | ||||||||
HFCKW: verboten gemäß Montreal Protokoll | ||||||||
HFKW | ||||||||
R245fa |
154 |
36,5 |
14,9 |
0 |
858 |
B1 |
6,6 |
|
R236fa |
124,9 |
32 |
-1,4 |
0 |
8.060 |
A1 |
10,2 |
|
R152a |
113,3 |
45,2 |
-24 |
0 |
138 |
A2 |
n.v. |
|
R134a |
101,1 |
40,6 |
-26,1 |
0 |
1.300 |
A1 |
1,2 |
|
R410a |
72,6 |
49 |
-51,5 |
0 |
2.088 |
A1 |
2,9 |
|
Hydrofluorolefine (HFO) | ||||||||
R1336mzz(Z) |
171,3 |
29 |
33,4 |
0 |
2 |
A1 |
n.v. |
|
R1336mzz(E) |
137,7 |
31,5 |
7,5 |
0 |
18 |
A1 |
n.v. |
|
R1234ze(E) |
109,4 |
36,4 |
-19 |
0 |
< 1 |
A2L |
5,6 |
|
R1234yf |
94,7 |
33,8 |
-29,5 |
0 |
< 1 |
A2L |
13,8 |
|
Teilhalogenierte Hydrofluorolefine (HCFO) | ||||||||
R1233zd(E) |
166,5 |
36,2 |
18 |
0,00034 |
1 |
A1 |
6,3 |
|
R1224yd(Z) |
155,5 |
33,3 |
14 |
0,00012 |
< 1 |
A1 |
n.v. |
|
Kohlenwasserstoffe (KW) | ||||||||
R290 |
Propan |
96,7 |
42,5 |
-42,1 |
0 |
3 |
A3 |
1,1 |
R601 |
Pentan |
196,6 |
33,7 |
36,1 |
0 |
5 |
A3 |
4,9 |
R600 |
n-Butan |
152 |
38 |
-0,5 |
0 |
4 |
A3 |
1,8 |
R600a |
Isobutan |
134,7 |
36,3 |
-11,8 |
0 |
3 |
A3 |
1,0 |
R1270 |
Propen |
91,1 |
45,6 |
-47,6 |
0 |
2 |
A3 |
1,0 |
CF6 / Ether | ||||||||
Novec 649 |
168,7 |
18,8 |
49 |
0 |
< 1 |
n.a. |
6,8 |
|
E170 |
Dimethylether |
127,2 |
53,4 |
-24,8 |
0 |
1 |
A3 |
39,0 |
Natürliche Kältemittel | ||||||||
R718 |
Wasser |
373,9 |
220,6 |
100 |
0 |
0 |
A1 |
5,6 |
R717 |
Ammoniak |
132,3 |
113,3 |
-33,3 |
0 |
0 |
B2L |
27,0 |
R744 |
Kohlendioxid |
31 |
73,8 |
-78,5 |
0 |
1 |
A1 |
1,0 |
Quelle u. a.: Cordin Arpagaus, Hochtemperatur-Wärmepumpen – Marktübersicht, Stand der Technik und
Anwendungspotenziale, ISBN 978-3-8007-4551-7, 2019 VDE VERLAG GMBH
Kältemittel im Detail
HFKW – Fluorierte Kohlenwasserstoffe
Die HFKW lösten in den 90er Jahren die FCKW mit hohen ODP-Werten ab. Für den Einsatz in Hochtemperatur-Wärmepumpen eignen sich beispielsweise R245fa, R245ca und R365mfc mit ODP-Werten gleich null. Aufgrund der hohen GWP-Werte wird der Einsatz von HFKW schrittweise reduziert.
HFO – Hydrofluorolefine
HFO gelten aufgrund ihrer niedrigen GWP-Werte als umweltfreundliche Alternative zu den HFKW. R1234yf und R1234ze(E) werden dabei als potenzielle Ersatzkältemittel zu R134a gesehen. R1336mmz(Z) und R1234ze(Z) sind attraktive Ersatzstoffe zu R245fa und R365mfc. Dabei eignet letzteres sehr gut für den Einsatz in Hochtemperaturanwendungen bis ca. 250 °C. Ein Ersatz von R123 in Kühlanlagen sowie Hochtemperatur-Wärmepumpen ist durch das synthetische Kältemittel R514a möglich. Das Isomer R1234ze(Z) wird als geeigneter „Drop-In“-Ersatz für R114 in Hochtemperatur-Wärmepumpen und als Alternative zu R245fa gehandelt.
HCFO – Hydrochlorfluorolefine
Beispiele für synthetische Hydrochlorfluorolefine sind R1233zd(E) und R1224yd(Z). Sie sind Ersatzstoffe für die HFKW R245fa, R365fmc und werden für den Einsatz in Hochtemperatur-Wärmepumpen empfohlen. Beide Kältemittel zeigen in entsprechenden Tests eine gute thermodynamische Effizienz, Verträglichkeit mit Metallen und Polymeren sowie eine volumetrische Leistung, die nur 7 – 15 % unter der von R245fa liegt. Die beiden HCFO weisen GWP- und ODP-Werte nahe Eins und Null auf, sind schwer entflammbar und gehören daher zur Sicherheitsgruppe A1.
R718 – Wasser
Geeignete natürliche Kältemittel für Hochtemperaturanwendungen sind R718 (Wasser), R744 (Kohlendioxid), R717 (Ammoniak) und Kohlenwasserstoffe. Der Einsatz von Wasser als Kältemittel ist ab 150 °C attraktiv, jedoch sind aufgrund der geringen Dichte von Wasserdampf das Hubvolumen und Druckverhältnis sehr hoch. Um etwa die Wasserdampftemperatur von 50 °C (0,1 bar Absolutdruck) auf 150 °C (5 bar) zu erhöhen, beträgt das Druckverhältnis etwa 50. In der Praxis kommen für die Wasserdampf-Rekompression mehrstufige Kolbenverdichter mit Zwischenkühlung sowie Scroll- oder Turboverdichter zum Einsatz. Die Sicherheits- und Umwelteigenschaften von Wasser als Kältemittel sind tadellos.
R744 – Kohlendioxid
Kohlendioxid weist die niedrige kritische Temperatur von 31 °C sowie einen hohen kritischen Druck von 73,6 bar auf. Der Zulauf zum Gaskühler darf bei Hochtemperatur-Wärmepumpen-Anwendungen nicht weit über der kritischen Temperatur des R744 liegen. R744 eignet sich besonders für Anwendungen mit hoher Temperaturspreizung auf der warmen Seite der Wärmepumpe. Ein Beispiel für den Einsatz von Kohlendioxid ist die Warmwasserbereitung: Relativ kaltes Frischwasser wird auf Zieltemperaturen von 90 – 120 °C erwärmt.
R717 – Ammoniak
Ammoniak ist eines der ältesten Kältemittel in der industriellen Kältetechnik. Neben seinen niedrigen GWP- und OPD-Werten gleich null ist NH3 konkurrenzlos billig. Ammoniak findet in Hochtemperatur-Wärmpumpen aufgrund der technischen Limitierung der Kompressionsdrücke bei etwa 50 bar Anwendung bis „nur“ 90 °C. Ein Beispiel ist die Abwärmenutzung aus Ammoniakkälteanlagen. Das komprimierte Kältemittel (30 °C bei 12 bar) wird in einer zweiten Stufe verdichtet und bei Temperaturen um 90 °C in einem Ammoniak-Wasser-Wärmeübertrager kondensiert. Mittels dieser „Add-On-Wärmepumpe“ lässt sich Abwärme aus der Kälteerzeugung durch Zugabe von elektrischer Energie in wertvolle Warmwasserenergie wandeln. Jedoch: Aufgrund seiner Toxizität und Brennbarkeit ist NH3 in der Sicherheitsklasse B2L eingeordnet; besondere technische und betriebliche Vorkehrungen sind also zu treffen.
KW – Kohlenwasserstoffe
Die Kohlenwasserstoffe n-Butan (R600) und Pentan (R601) sind Kältemittel ohne ODP- und mit sehr niedrigen GWP-Werten. R600 eignet sich für die Anwendung in Hochtemperatur-Wärmepumpen bis ca. 120 °C, was die Sattdampferzeugung bei ca. 2 bar ermöglicht. Für viele Industrien mit typischen Prozessdampfdrücken zwischen 3 und 10 bar bietet es sich an, zunächst eine Hochtemperatur-Wärmepumpe für die Niederdruckdampferzeugung einzusetzen und diese mittels nachgeschaltetem Dampfverdichter auf den gewünschten Betriebsdruck zu komprimieren. Als mechanische Dampfverdichter kommen Hubkolbenverdichter mit Zwischenkühlung oder (im Megawatt-Maßstab) Turboverdichter zum Einsatz. Kohlenwasserstoffe sind brennbare Gase – entsprechend sind auch hier besondere technische und betriebliche Vorkehrungen zu treffen.
Auswahl und Management von Kältemitteln in Unternehmen
Die Anforderungen an ein Kältemittel sind vielseitig. Die folgende Tabelle bietet eine Übersicht der wichtigsten Bewertungskriterien für den Einsatz in Hochtemperatur-Wärmepumpen. Diese Kriterien lassen sich in die Kategorien
- thermische Eignung,
- Umweltverträglichkeit,
- Sicherheit,
- Effizienz,
- Verfügbarkeit
Die maximale Temperatur, die eine Wärmepumpe erreichen kann, hängt von der kritischen Temperatur des Kältemittels ab. Für einen effizienten Betrieb sollte die Kondensationstemperatur etwa 10 bis 15 K unter der kritischen Temperatur liegen. Je näher die Kondensationstemperatur an der kritischen Temperatur liegt, desto weniger effizient arbeitet die Wärmepumpe. Transkritische Wärmepumpen, die mit Kältemitteln wie R744 (CO₂) arbeiten, sind besonders für die Erzeugung von heißem Wasser geeignet, da sie einen großen Temperaturbereich abdecken können.
Der Hochdruck in der Wärmepumpe sollte unter 25 bar liegen. Manche Kompressoren halten Drücke bis zu 50 bar aus. Der Niederdruck sollte nicht wesentlich unter einer Atmosphäre liegen. Das verhindert das das Eindringen von Fremdgasen. Ein niedriges Druckverhältnis verbessert die Effizienz des Verdichters. Die Verdichtungsaustrittstemperatur sollte 150 °C nicht überschreiten, um die Schmierfähigkeit und Dichtheit des Öls zu gewährleisten. Zu hohe Temperaturen können das Öl zersetzen und die Schmierfähigkeit beeinträchtigen. Die verwendeten Kältemittel müssen mit den Materialien der Wärmepumpe, wie Aluminium, Stahl, Kupfer und Polymeren, verträglich sein.
Ebenfalls zu beachten sind die vorgeschriebenen Dichtheitskontrollen, die aktualisiert worden sind. Unterschieden wird hier unter anderem zwischen HFKW und HFO/HFC, der Menge an eingesetzten Kältemitteln und dem Vorhandensein von Leckage-Erkennungen. Mehr dazu finden Sie in diesem Blogeintrag: Die neue Kältemittelverordnung 2024/573 inkl. Verbote.
Auswahlkriterien von Kältemitteln für den Einsatz in Hochtemperatur-Wärmepumpen | |
Kriterien | Erforderliche Eigenschaften |
Thermische Eignung |
|
Umweltverträglichkeit |
|
Sicherheit |
|
„Zukunftsfähigkeit“ |
HFO und HCFO enthalten per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS), die - unwahrscheinlich zwar, aber theoretisch möglich - in der EU verboten werden. Zukunftsfähig heißt in diesem Fall: Ausweichen auf Kohlenwasserstoffe oder Natürliche Kältemittel. |
Verfügbarkeit |
|
Effizienz |
|
Andere Faktoren |
|
* Siehe auch F-Gase-Verordnung 2024
Anwendungspotenziale, ISBN 978-3-8007-4551-7, 2019 VDE VERLAG GMBH
Die Tabelle gibt Entscheidern einen ersten Überblick über die Vielzahl der Kriterien, die bei der Auswahl des geeigneten Kältemittels eine Rolle spielen. Die neue F-Gas-Verordnung zeigt, dass Entscheidungen auf EU-Ebene und die nationalen Gesetzgebungen großen Einfluss auf die Zukunftsfähigkeit der gezeigten Kältemittelgruppen haben können. In den Jahren nach dem Erscheinen der ersten F-Gaseverordnung (EU-Verordnung Nr. 517/2014), und deutlich ab 2017, reagierten die Hersteller von Kältemitteln mit höheren GWP-Werten durch eine Preiserhöhung von teilweise mehreren 100 %.
Abseits der Gesetzeslage sollten sich Entscheider auf die technische Eignung der Kältemittel für die geplante Anwendung und die chemisch-physikalischen Eigenschaften der Kältemittel fokussieren. Die volumetrische Heizleistung hat etwa direkten Einfluss auf Verdichtergröße, Kosten und COP. Damit beeinflusst die volumetrische Heizleistung die Investitions- und Betriebskosten der Anwendung. Die betriebsinternen Anforderungen an die chemischen Eigenschaften der Kältemittel können für manche Substanzen ein „K.-o.-Kriterium“ sein: Wenn brennbare Kältemittel „keine Option“ sind, entfällt die Stoffgruppe der Kohlenwasserstoffe. Beim Einsatz von Ammoniak sind betriebliche Vorkehrungen zu treffen, um diesen Gefahrstoff sicher zu beherrschen.
Nicht jedes Kältemittel ist für jeden technischen Anwendungsfall geeignet. Dadurch erklärt sich die Vielzahl von Herstellern von Hochtemperatur-Wärmepumpen, die sich auf bestimmte Nischenanwendungen spezialisieren und für diese speziell die jeweils optimalen Kältemittel einsetzen. Die Auswahl der Kältemittel also ist „eine Wissenschaft für sich“ und sollte in enger Abstimmung mit den Herstellern und den internen Verantwortlichen aus Betrieb, Arbeitssicherheit und Nachhaltigkeitsmanagement getroffen werden. Bau, Inbetriebnahme und Betrieb sollten bei größeren Anlagen durch die Werksfeuerwehr oder die örtliche Feuerwehr begleitet werden.
Kältemittelverordnungen und Verbote
Da viele Fluorkohlenwasserstoffe-Gase ein wesentlich höheres Treibhauspotenzial als CO₂ aufweisen, tragen sie erheblich zur globalen Erwärmung bei. Um dem entgegenzuwirken, enthält die F-Gase-Verordnung Maßnahmen zur Senkung der Emissionen aus Kälteanlagen und Wärmepumpen. Im März 2024 trat die neue Verordnung 2024/573 in Kraft und ersetzte die bisherige Verordnung Nr. 517/2014.

Autor: Jörg Schlehe
Vertriebsingenieur, Vertrieb Business-Kunden, MVV Enamic GmbH
Nach seinem Maschinenbaustudium in Aachen begann Jörg Schlehe sein „Leben im Kraftwerk“ als Betriebsingenieur für die Degussa AG. Als Leiter der GuD-Kraftwerke einer Tiefdruckerei in Norditalien sowie einer Papierfabrik initiierte und leitete er Energieeffizienzprojekte. Ab 2013 leitete er das technische Assetmanagement für MVV Enamic mit Verantwortung für 90 dezentrale Energielösungen bzw. Contractingverträge. Seit 2020 ist Herr Schlehe Vertriebsingenieur für Kunden aus der Industrie.
Inhaltsverzeichnis
- Wärmeversorgung (14)
- Steuern und Abgaben (13)
- Energiemanagement (11)
- Dekarbonisierung (10)
- Energiemessung (10)
- E-Mobility (9)
- Energiebeschaffung Strom / Gas (8)
- Kälte-, Klima- und Lüftungstechnik (8)
- Fördermittel und -programme (7)
- Nachhaltigkeit (6)
- Photovoltaik (6)
- Rechenzentrum (6)
- Beleuchtung (5)
- Druckluft (5)
- Wärmepumpe (5)
- Experten-Interview (4)
- Lastmanagement (4)
- Netzentgelte (4)
- Stromspeicher (4)
- Fernwärme (3)
- Power Purchase Agreement (3)
- Energieaudit (2)
- Wasserstoff (2)
- ISO 50001 (1)