ORC – Strom aus Abwärme kann sich jetzt lohnen

28.03.24 08:27 von Christoph Brodhagen

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Kennen Sie das Prinzip der Organic–Rankine-Cycle-Anlagen? Vereinfacht gesagt sind das Anlagen, mit denen man aus industrieller Abwärme Strom erzeugen kann – sofern die Abwärme deutlich höher ist als 100 Grad. Technisch gesehen sind ORC-Anlagen im Grunde Dampfturbinen, die mit einem anderen Medium als Wasserdampf betrieben werden. Bisher nutzen nur wenige Betriebe diese Technologie, da sie initial recht kostenintensiv ist und keinen sehr hohen Wirkungsgrad besitzt. Doch die steigenden Energiepreise und Förderungen machen sie jetzt rentabel.

Wie funktioniert eine ORC-Anlage?

ORC-Anlagen gibt es bereits seit dem 19. Jahrhundert. Seit der Jahrtausendwende sind sie im Bereich der Geothermie stärker im Einsatz. Als nächster Schritt folgte die Nutzung in Biomasseheizkraftwerken. Und heute sind die Anlagen auch für die Verwertung von industrieller Abwärme gut geeignet. Das Funktionsprinzip dieser Anlagen ist dabei im Grunde simpel:

 

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  • Die Abwärme (>200 °C) fällt in einer industriellen Anlage an. Normalerweise wird sie ungenutzt abgeführt oder es ist sogar eine spezielle Kühlung notwendig.
  • Mit einem Wärmetauscher wird die Wärme in den ORC-Prozess übertragen.
  • Mit der ORC-Anlage wird die Wärme in einer „Dampfturbine“ in Strom verwandelt. Dabei beträgt der elektrische Wirkungsgrad etwa 10 – 20 Prozent. Auch im Teillastbetrieb sinkt der Wirkungsgrad nicht wesentlich.
  • Die Restwärme muss zusätzlich über einen Kühlkreislauf abgeführt werden, kann aber auch in ein Wärmenetz eingespeist werden.

Was bringt eine ORC-Anlage für Industriebetriebe?

ORC-Anlagen können heute wirtschaftlich rentabel sein angesichts der aktuell hohen Energiepreise. Damit das so ist, muss man genau hinschauen. Besonders sinnvoll sind ORC-Anlagen da, wo hohe Anlagenlaufzeiten Standard sind (mehr als 5000 Volllaststunden/Jahr). Denn dann können sie sich bereits innerhalb von wenigen Jahren finanziell lohnen.

ORC-Anlagen helfen außerdem dabei, den eigenen Bedarf an Strom zu decken. Damit sind sie eine Technologie, die bei der Dekarbonisierung von Unternehmen helfen kann.

Ein dritter Aspekt: ORC-Anlagen sind technisch sehr zuverlässig. Das trägt dazu bei, dass Unternehmen Kosten und Nutzen sicher kalkulieren können.

ORC-Anlagen werden mit bis zu 50 Prozent gefördert

Wer eine ORC-Anlage plant, sollte dabei die BAFA Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft im Blick haben. Denn mit dem Modul 4 „Energie- und ressourcenbezogene Optimierung von Anlagen und Prozessen“ werden „investive Maßnahmen zur energetischen und ressourcenorientierten Optimierung von industriellen und gewerblichen Anlagen und Prozessen, die zur Erhöhung der Energie- oder Ressourceneffizienz beziehungsweise zur Senkung und Vermeidung des fossilen Energieverbrauchs oder CO2-intensiver Ressourcen in Unternehmen beitragen“ gefördert.

Diese Förderung ist technologieoffen – und ORC-Anlagen sind dabei explizit als förderfähige Technologien ausgewiesen.

  • Die maximale Förderung ist auf 20 Millionen Euro pro Investitionsvorhaben begrenzt.
  • Die Förderhöhe beträgt 55 Prozent der förderfähigen Investitionskosten.
  • Maximal aber 1.600 Euro (2.200 für KMU) pro Tonne CO2, die man jährlich einspart.

Wie finden Sie heraus, ob sich eine ORC-Anlage für Sie lohnt?

Dafür gibt es ein paar Grundvoraussetzungen.

  • Erstens sollte die Temperatur Ihrer industriellen Abwärme nicht zu niedrig sein. Die Mindesttemperatur liegt bei 100 °C, ideal ist ein Temperaturbereich von mehr als 200 °C.
  • Zweitens sollte Ihre Anlage möglichst viele Volllaststunden im Jahr aufweisen.

Sind diese Voraussetzungen gegeben, ist eine Beratung zur Wirtschaftlichkeit der Anlage sinnvoll. Auch diese ist in vielen Fällen förderfähig. Sie zeigt Ihnen Ihre technischen Potenziale, ob und wie Sie zusätzliche Möglichkeiten haben, Abwärme zu nutzen und inwiefern Contracting für Sie ein guter Weg sein kann. Denn via Contracting können Sie große Investitionen vermeiden, Wirtschaftlichkeitseffekte mitnehmen und genau planen.

Fazit:

ORC-Anlagen bekommen zu Recht immer mehr Aufmerksamkeit. Denn diese Technologie kann inzwischen nicht nur wirtschaftlich attraktiv sein. Sie ist auch eine, mit der man die Dekarbonisierung bei besonders energieintensiven Prozessen vorantreiben kann.

Themen: Dekarbonisierung, Energiebeschaffung Strom / Gas

Christoph Brodhagen

Autor: Christoph Brodhagen

Christoph Brodhagen hat Maschinenbau mit der Fachrichtung Energie- und Wärmetechnik studiert und ist seit 30 Jahren in der Energiewirtschaft tätig. Als Vertriebsingenieur bei der MVV Enamic GmbH widmet er sich der Umsetzung von Contracting-Lösungen für Geschäftskunden. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Energieeffizienz, KWK und Wärmeversorgung.

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