Was ist ein Abwärmekataster?
Ein Abwärmekataster ist ein System zur Erfassung und Darstellung von Abwärmequellen im Unternehmen. Es dient dazu, ungenutzte Abwärme zu identifizieren und entsprechende Daten zu erheben, um die Rückgewinnung und Nutzung zu ermöglichen.
Der Umgang mit Abwärme umfasst drei wesentliche Schritte:
- Katastermeldung: Erfassung und Dokumentation von Abwärmequellen in einem Register, das Informationen über Lage und Menge der Abwärmequellen enthält.
- Potenzial-Erfassung: Bewertung der erfassten Abwärmequellen hinsichtlich ihrer Nutzbarkeit und der technischen sowie wirtschaftlichen Möglichkeiten.
- Monitoring: Kontinuierliche Überwachung und Analyse der Abwärmenutzung zur Optimierung der Effizienz und Einhaltung gesetzlicher Anforderungen.
Ab dem 1. Januar 2025 sind Unternehmen verpflichtet, ihre Abwärmepotenziale und -quellen zu erfassen und zu dokumentieren. Diese Daten müssen jährlich an die Bundesstelle für Energieeffizienz gemeldet werden, die hierfür eine spezielle „Plattform für Abwärme“ eingerichtet hat.
Plattform für Abwärme Die Plattform für Abwärme ist eine zentrale, öffentliche Datenbank, die Abwärmepotenziale in Deutschland sichtbar macht und den Informationsaustausch zwischen Wärmeproduzenten und -abnehmern fördert. Sie wurde von der Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) entwickelt und ist seit dem 15. April 2024 online verfügbar. Weitere Informationen finden Sie in der Pressemitteilung der BAFA. |
Eine Einordnung – Woher kommt die Anforderung Abwärme zu reduzieren?
Nationale Ziele im Rahmen des Klimaschutzgesetz
Die deutschen Treibhausgasminderungsziele sind im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegt. Diese Ziele sehen vor, die Emissionen bis 2030 um mindestens 65 Prozent und bis 2040 um mindestens 88 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Bis zum Jahr 2045 strebt Deutschland die Netto-Treibhausgasneutralität an
Diese ambitionierten Ziele sind ein zentraler Bestandteil der nationalen Klimapolitik und sollen dazu beitragen, die globale Erwärmung zu begrenzen und die Auswirkungen des Klimawandels zu mildern. Die Umsetzung dieser Ziele erfordert umfassende Maßnahmen in allen Sektoren, einschließlich der Industrie, des Verkehrs und der Energieversorgung.
Anforderungen des Wärmeverbrauchs an die deutsche Industrie
Industrielle Prozesse erzeugen erhebliche Mengen an überschüssiger Wärme, die oft ungenutzt bleibt und in die Umwelt abgegeben wird. Diese ungenutzte Wärme stellt nicht nur eine Verschwendung wertvoller Energie dar, sondern trägt auch zur Erwärmung der Atmosphäre bei.
Das Fraunhofer IWU berichtet, dass laut EU-Statistiken der deutsche Industriesektor rund 23 Prozent des deutschen Endenergiebedarfs im Jahr 2021 verbraucht hat. Davon macht die Prozesswärme etwa 68 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs der Industrie aus. Insgesamt betrug der Wärmeverbrauch der Industrie in Deutschland im Jahr 2021 etwa 460 Terawattstunden (TWh). Durch die Nutzung dieser Abwärme können Unternehmen ihren Energieverbrauch optimieren, Kosten senken und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Reduktion von Abwärme ist somit ein zentraler Bestandteil nachhaltiger Energiepolitik und ein Schritt hin zu einer klimafreundlicheren Industrie.
Welche Unternehmen müssen Abwärmedaten melden?
Unternehmen, die einen durchschnittlichen jährlichen Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 2,5 Gigawattstunden (GWh) aufweisen, sind verpflichtet, Angaben zur Abwärme zu machen. Diese Verpflichtung betrifft sowohl große Industriebetriebe als auch kleinere Unternehmen, sofern sie die genannte Verbrauchsgrenze überschreiten. Die Erfassung und Meldung der Abwärmedaten ist ein wesentlicher Bestandteil des Energieeffizienzgesetzes (EnEfG) und zielt darauf ab, die Nutzung von Abwärme zu fördern und die Energieeffizienz zu steigern.
Bis 31. Dezember 2024: Ermittlung von Abwärmepotenzialen (gemäß §17 EnEfG)
Meldepflichtige Abwärmepotenziale
Meldepflichtig sind alle Abwärmepotenziale, die bei industriellen Prozessen, Kraftwerken oder anderen technischen Anlagen als Nebenprodukt entstehen und technisch nutzbar sind. Unternehmen müssen detaillierte Informationen über die Menge, Temperaturprofile und mögliche Nutzungsmöglichkeiten der Abwärme erfassen und dokumentieren. Dabei sind Bagatellschwellen zu beachten unterhalb derer keine Meldung durchgeführt werden muss.
Fristen: Die erste Meldung an die Plattform für Abwärme ist bereits bis zum 1. Januar 2025 erfolgt. Nun sind die Daten jährlich zu aktualisieren und erneut zu melden. Diese Fristen sind zwingend einzuhalten, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden und mögliche Sanktionen zu vermeiden. Eine erste Aktualisierung steht zum 31. März 2026 an.
Bußgeld:Die Einhaltung der Vorgaben zur Abwärme obliegt den Bundesländern, während die Datenmeldung beim BAFA liegt. Verstöße gelten als Ordnungswidrigkeit und können mit einer Geldbuße von bis zu 100.000 Euro geahndet werden.
Ab 2025: Was sollten Unternehmen nun tun (gemäß §16 EnEfG)?
Durch die erstmalige Meldung wurde der erste Schritt hin zu einer umfassenden Analyse der vorhandenen Abwärmepotenziale gemacht. Nun gilt es, sinnvolle Einsatzmöglichkeiten herauszuarbeiten.
Dadurch lassen sich nicht nur Geld und CO2-Emissonen einsparen, es sind auch regulatorische Vorgaben zu betrachten: Das Energieeffizienzgesetz sieht eine generelle Abwärmevermeidungs- und nutzungspflicht vor, solange technische Machbarkeit sowie Zumutbarkeit gegeben sind.
Wir empfehlen, im nächsten Schritt ein Abwärmevermeidungs- und Nutzungskonzept aufzustellen:
- Datenerhebung: Erfassung bestehender Abwärmequellen und -senken sowie der Anlagentechnik, gegebenenfalls durch eine Vor-Ort-Bestandsaufnahme.
- Pinch-Analyse: Durchführung einer Pinch-Analyse zur Identifizierung von Effizienzpotenzialen.
- Maßnahmenentwicklung: Entwicklung und Dokumentation technischer und organisatorischer Maßnahmen zur Vermeidung und Nutzung von Abwärme.
- Wirtschaftlichkeitsberechnungen: Erstellung von Wirtschaftlichkeitsberechnungen zur Bewertung der vorgeschlagenen Maßnahmen.
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Autor: Frank Rübin
Produktmanagement & Schulungen bei der econ solutions GmbH
Frank Rübin ist seit 2020 technischer Projektmanager & Support bei econ solutions GmbH. Seit 15 Jahren ist er im Bereich Energiemanagement-Systeme tätig. Zuvor arbeitete er als Energieanlagenelektroniker und Industriemeister in Elektrotechnik.
Inhaltsverzeichnis
- Wärmeversorgung (14)
- Steuern und Abgaben (13)
- Energiemanagement (11)
- Dekarbonisierung (10)
- Energiemessung (10)
- E-Mobility (9)
- Energiebeschaffung Strom / Gas (8)
- Kälte-, Klima- und Lüftungstechnik (8)
- Fördermittel und -programme (7)
- Photovoltaik (6)
- Rechenzentrum (6)
- Beleuchtung (5)
- Druckluft (5)
- Nachhaltigkeit (5)
- Wärmepumpe (5)
- Experten-Interview (4)
- Lastmanagement (4)
- Netzentgelte (4)
- Stromspeicher (4)
- Fernwärme (3)
- Power Purchase Agreement (3)
- Energieaudit (2)
- Wasserstoff (2)
- ISO 50001 (1)