Experten Interview Photovoltaik: Lohnt sich Solarenergie für Unternehmen?

23.06.22 16:55 von Cemrehan Engin

GettyImages-1354581999Photovoltaik lohnt sich – für das Klima und auch finanziell. Denn richtig ausgelegt und in das Lastenmanagement integriert, lassen sich damit effizient Kosten senken. Und selbst erzeugter Strom macht unabhängiger von schwankenden Strompreisen; außerdem sind Kosten für Energie wesentlich besser und langfristiger planbar. Viele Unternehmen, Kommunen und Organisationen denken deshalb über Photovoltaik, kurz PV, nach. Worauf kommt es bei einer Solaranlage an? Darüber haben wir mit unserem Experten Cemrehan Engin gesprochen.

 

 

Selbst via Photovoltaik Strom zu erzeugen, wird für Unternehmen immer interessanter. Vor allem wegen der steigenden Preise. Was spricht noch für Sonnenergie? 

Die Energiepreise sind natürlich schon ein Hauptargument, das ist klar. Denn Unternehmen oder Immobilienverwalter beziehungsweise Entwickler müssen am Ende des Tages ja wirtschaftlich arbeiten. Es geht vielen Kunden, mit denen wir sprechen, aber auch um das Thema Nachhaltigkeit. Immer stärker sogar. Das ist einfach ein gesellschaftliches Thema, das auch politisch vorangetrieben wird. Stichwort Energiemanagement, Berichtspflichten und CO2-Steuer. Nicht zu vergessen: Auch Kunden oder Auftraggeber von Unternehmen haben einen immer stärkeren Blick darauf, wie nachhaltig diese arbeiten. In der Immobilienbranche ist zum Beispiel Mieterstrom ein großes Thema geworden. Und viele Unternehmen haben erkannt, dass die Kombination E-Mobility und Photovoltaik einfach gut funktionieren kann. Sie sehen schon: Es gibt viele gute Gründe für die PV-Integration. 

Diese Gründe sind bestimmt von Branche zu Branche verschieden. Aus Ihrer Sicht: Für wen eignen sich PV-Anlagen am besten? 

Ich würde das gar nicht an Branchen festmachen, sondern an individuellen Voraussetzungen. Diese sind zum Beispiel bei produzierenden Betrieben speziell. Hier kommt es sehr darauf an, dass die PV-Anlage zum Lastgang und zu den Produktionsleitern passt. Eigenverbrauch ist hier das große Thema. Denn je höher der ist, desto besser ist auch die Rendite einer Anlage. 

Bei Quartieren, Wohnimmobilien, Pflegeeinrichtungen und Co. ist das im Grunde ähnlich. Wenn hier geeignete Flächen vorhanden sind, lohnt sich PV in jedem Fall. Hier kommen dann aber auch noch die Themen Mieterstrom und Energieweitergabe an Dritte zum Tragen. Aber das führt hier vielleicht zu weit. Konzentrieren wir uns lieber auf E-Mobilität. Denn Unternehmen, die sie nutzen oder die sie nutzen wollen, profitieren von PV-Anlagen. Dabei spielt es keine Rolle, in welcher Branche oder welchem Gewerbe man aktiv ist. 

Sie haben schon erwähnt, dass eine PV-Anlage immer zum Lastgang beziehungsweise zum Strom-Verbrauchsprofil passen sollte. Was sind andere wichtige Faktoren?

Grundvoraussetzung sind natürlich geeignete Flächen. Auf Dächern geht es zum Beispiel um die Dachart. Ist sie für PV geeignet, muss man sich die Neigung, Ausrichtung und Verschattung genauer ansehen. Denn diese Faktoren sind ertragsrelevant. Dann muss man natürlich auch darauf achten, was wirtschaftlich am besten abbildbar ist. Damit ist gemeint, die Größe und das gesamte Konzept an den eigenen Strombedarf anzupassen. Hier geht es wieder um die Rendite.

Außerdem kommt es auch die richtige Technologie an. Es gibt heute verschiedenste Anbieter in den verschiedensten Preisklassen. Hier lohnt sich die Beratung durch Experten. 

Genauso wichtig wie diese Ertragsthemen sind aber auch Steuerungsthemen. Denn PV-Systeme müssen zum Beispiel leicht in bestehende Energiemanagementsysteme etc. integrierbar sein. Ganz besonders wichtig ist die richtige Integration bei Direktvermarktung. Denn ab 100kWp sind bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen, zum Beispiel Rundsteuerempfänger oder ab 1000kWp die Fernwirktechnik. Und für den Verkauf an der Börse sind außerdem richtige Prognosen etc. relevant. Auch das muss die Anlage technisch leisten.
Sie sehen: Um wirklich optimal arbeiten zu können, sollte man gleich von Anfang an vernetzt denken. Also das gesamte eigene Energiekonzept und die eigenen Anforderungen analysieren und dann die richtige PV-Entscheidung treffen. Dieser ganzheitliche Blick ist wichtig für das Gelingen und die Wirtschaftlichkeit. Das merken wir bei unserer Arbeit mit unseren Kunden immer wieder. 

Angenommen, ein Unternehmen will Photovoltaik in das Energiekonzept integrieren, wie geht es dabei am besten vor?

Als Erstes würde ich, wenn ich selbst keine Experten im Team hätte, fachlichen Rat hinzuziehen. Das geht mit uns – aber natürlich auch mit anderen Partnern. Bei uns ist es so, dass wir nach dem Erstkontakt mit einer Analyse vor Ort starten. Dabei beurteilen wir die Situation und die wirtschaftlichen Aussichten. Im ersten Schritt machen wir das grob, um zu sehen, wie sinnvoll eine PV-Anlage ist.

Danach bekommt der Kunde ein Detailkonzept und ein Angebot. Nimmt er es an, arbeiten wir die Planungen bis ins Detail aus. Wir kümmern uns um Bau und Genehmigung, Zertifizierungen und Anträge, zum Beispiel für finanzielle Privilegien, die es zum Teil ja bei Photovoltaik gibt. Auch ein wichtiges Thema: Brandschutz. Den haben nicht immer alle auf dem Plan. Wir aber integrieren ihn selbstverständlich in unser Konzept. 

Nicht zu vergessen die Netzverträglichkeit. Denn es ist ganz entscheidend, ob die Netze vor Ort die erzeugte Energie direkt aufnehmen können, ob der Netzbetreiber vielleicht eine Trafo-Station für die Energieabnahme bauen müsste etc. Das muss man natürlich auch klären. 

Noch eine abschließende Frage: Sind Batteriespeicher für gewerbliche PV-Nutzer sinnvoll? 

Sagen wir es einmal so: Sie runden das Konzept in vielen Fällen ab. Und sie können sich wirtschaftlich lohnen. Wenn man damit zum Beispiel den Eigenverbrauch oder Spitzenbedarfe abfedert. Der wirtschaftliche Aspekt ist da aber sicher nur einer. Denn viele, die Stromspeicher in ihre Konzepte integrieren, tun das auch, weil sie die Dekarbonisierung unterstützen wollen. Und weil sie mit steigenden Preisen in Zukunft rechnen. Auch die sind mit einem Stromspeicher und dem passenden Konzept natürlich besser beherrschbar. 

Hier sprechen wir übrigens über ein für mich und für unsere Kunden zunehmend wichtiges Thema: nämlich Energieautarkie und die Unabhängigkeit von steigenden Preisen. Denn wer seinen Strom als Unternehmen selbst erzeugt, hat in Zeiten großer Preisschwankungen, und wenn es Lieferengpässe geben sollte, den Vorteil auf seiner Seite. Ach ja: Auch das Thema Materialverknappung ist zu bedenken. Denn in den letzten Jahren haben wir immer wieder gesehen, dass Baumaterialien und technische Materialien für PV knapp werden können. Dem kann man natürlich auch entgegenwirken, wenn man rechtzeitig aktiv wird. 

Neuer Call-to-Action (CTA)

Themen: Photovoltaik, Experten-Interview

Cemrehan Engin

Autor: Cemrehan Engin

Cemrehan Engin hat Energiewirtschaft studiert und ist seit November 2017 als Produktmanager im Business Development bei der MVV Enamic GmbH tätig. Dabei widmet er sich innovativen Energielösungen für Geschäftskunden. Seine Expertise liegt vor allem in den Bereichen Dekarbonisierung und 'All Electric Society', mit besonderem Fokus auf Photovoltaik, Speichertechnologien und Energiemanagement.

* Pflichtfelder

Newsletter abonnieren und Informiert bleiben

Wir informieren Sie über die Themen Energieeffizienz, Energiebeschaffung, clevere Energielösungen, aktuelle Trends und Technologien.

Los geht's