Eigenstromerzeugung: Photovoltaik für Unternehmen

14.04.23 09:22 von Cemrehan Engin

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Für die Eigenstromerzeugung mit einer Photovoltaik-Anlage sprechen gute Gründe – auch und vor allem für Unternehmen. Hohe Energiepreise, aber auch der Wunsch nach größerer Versorgungssicherheit und das Streben nach mehr Nachhaltigkeit steigern das Interesse an der Photovoltaik. Photovoltaik-Experte Cemrehan Engin benennt wichtige Vorteile und zeigt Investitionsmöglichkeiten auf.

Hohe Strompreise belasten die Unternehmen

Die Elektrizität ist eine Schlüsselenergie und ein zentraler Produktionsfaktor für die Industrie. Das gibt auch der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) zu bedenken und weist darauf hin, dass industrielle Prozesse ohne den Einsatz von Strom schlicht nicht möglich sind. Nach Angaben des Umweltbundesamts entfällt fast die Hälfte des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland auf die Industrie. Stark gestiegene Stromkosten der letzten Jahre, auch infolge staatlicher Umlagen und Abgaben sowie der Stromsteuer, stellen die Industrie vor große Herausforderungen und gefährden ihre Wettbewerbsfähigkeit. 

Günstige Bedingungen für selbst produzierten Strom

Viele Unternehmen überlegen sich aus diesem Grund, zumindest einen Großteil des Eigenverbrauchs mit selbst erzeugtem Strom aus einer Photovoltaik-Anlage zu decken. Die Bedingungen dafür sind günstig. Zum einen überschneidet sich der Strombedarf der Unternehmen häufig mit den produktiven Zeiten von Photovoltaik-Anlagen, wodurch sie hohe Eigenverbrauchsquoten erzielen können. Das verbessert die Rendite einer Anlage. Des Weiteren sind reichlich Dachflächen bei den über drei Millionen Unternehmen in Deutschland für solche Anlagen vorhanden.

Unternehmen, die mit einer Photovoltaik-Anlage Strom für den Eigenbedarf produzieren, profitieren von vielen Vorteilen: Sie senken ihre Stromkosten, machen sich unabhängig von Preisschwankungen, setzen auf eine nachhaltige Lösung und steigern durch eine gelebte nachhaltige Verantwortung ihr Unternehmensimage. Dies alles zusammen trägt langfristig zur Wettbewerbsfähigkeit bei. 

Eigenverbrauch zu niedrigeren Preisen

Die Strompreise für die Industrie sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Nach Zahlen des BDEW haben sich die Industriestrompreise inklusive Stromsteuer für kleine bis mittlere Industriebetriebe 2022 im Jahresmittel verdoppelt und haben im zweiten Halbjahr 2022 durchschnittlich 53,38 Cent pro Kilowattstunde (kWh) betragen. Zu Jahresbeginn 2023 ist der durchschnittliche Strompreis für Neuabschlüsse auf 40,11 Cent gesunken, Strom ist damit aber weiterhin teuer. Die steigende CO2-Bepreisung wird ihr Übriges tun, die Stromkosten für Unternehmen auch in Zukunft auf einem hohen Niveau zu halten.

Selbst erzeugter Solarstrom kann hier eine Entlastung bringen, denn seine Kosten sind niedriger als die Preise am Strommarkt. Unternehmen zahlen für vor Ort erzeugten Solarstrom keine Netzentgelte, Stromsteuer und Umlagen und senken damit ihre Stromkosten um bis zu 60 Prozent. Je höher der Eigenverbrauchsanteil ist, desto wirtschaftlicher ist die Anlage. 

Das zeigt auch ein Blick auf die Einspeisevergütungen. Sie gelten mit dem Inkrafttreten des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) 2023 für Teil- und Volleinspeiser. Volleinspeiser bringen dabei den gesamten erzeugten Strom ins Netz ein, Teileinspeiser lediglich nicht benötigte Überschüsse.

 

Art der Einspeisung

Nennleistung PV-Anlage bis jeweils (kWp)

Einspeisevergütung gesamt (Cent/kWh)

Überschusseinspeisung

10

8,6

 

40

7,5

 

750

6,2

Volleinspeisung

10

13,4

 

40

11,3

 

100

11,3

 

300

9,4

 

750 

6,2

 

Die Erlöse für die Einspeisung von Strom, auch bekannt als die vielgenutzte „Überschusseinspeisung“, liegen aktuell (2023) deutlich unter 10 Cent pro kWh. Der Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Strom ist da also lohnenswerter. Denn: Wer möglichst viel seines selbst erzeugten Stroms nutzt, profitiert am meisten von geringen Gestehungskosten (diese werden über die gesamte Laufzeit hinweg berechnet).

Für die Eigennutzung interessant können demzufolge auch Energiespeicher sein, die mit Photovoltaik-Anlagen kombiniert werden und auf verschiedenen Energieformen (Elektrizität, Wärme, Kälte etc.) basieren. Sie nehmen überschüssigen Strom auf, etwa im Hochsommer oder an Wochenenden, und geben ihn ab, wenn Bedarf im Betrieb besteht. 

Sektorenkopplung in der Industrie mit Photovoltaik 

Photovoltaik ist außerdem ein wichtiger Baustein bei der Sektorenkopplung. Sie wird auch als Sektorkopplung bezeichnet und gemeint ist damit die Vernetzung der Sektoren Strom, Wärme, Kälte und Mobilität. Nach Ansicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz kann die Industrie mithilfe der Sektorenkopplung Potenziale zur Minderung von Treibhausgasemissionen heben. Weitergehende Treibhausgaseinsparungen könnten erreicht werden, wenn der Strom aus erneuerbaren Quellen zunehmend fossile Energieträger ersetzt. 

Die Substitution fossiler Energieträger durch Solarenergie kann entweder durch direkte Stromnutzung erfolgen oder durch Umwandlung des regenerativ erzeugten Stroms in einen anderen Energieträger (Power-to-X). Beispiele für einen direkten Einsatz in der Industrie sind der Betrieb von Produktionsanlagen sowie von Lüftungs- und Kühlsystemen mit Solarstrom. Auch elektrisch betriebene Unternehmensflotten können damit geladen werden, genauso wie Gabelstapler in der Produktion und Logistik, die schon lange elektrifiziert sind. Industrielle Elektroheizkessel können ihren Strom ebenfalls umweltfreundlich von einer Photovoltaik-Anlage beziehen. Power-to-X-Lösungen finden sich vor allem in Anwendungen, wo Strom in Wärme (Power-to-Heat) umgewandelt wird. Beispiele sind industrielle Wärmepumpen, Elektrodenkessel und Elektrodampfkessel.

Photovoltaik-Anlagen: Welche Lösungen es gibt

Unternehmen, die eine Photovoltaik-Anlage für die Eigennutzung auf ihren Dachflächen installieren möchten, haben verschiedene Optionen. Sie können die Anlage kaufen, sie im Rahmen eines Contractings mieten oder sich für eine PPA-Lösung (Power Purchase Agreement) entscheiden. Welche Option für ein Unternehmen sinnvoll ist, hängt vom Eigenkapital, der Liquidität und anderen Faktoren ab.

Kauf: Eigentümer der Anlage werden

Unternehmen, die eine Photovoltaik-Anlage durch Kauf erwerben, werden zum Eigentümer der Anlage, mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten. Die Investition können sie über Eigenkapital oder einen Bankkredit finanzieren oder eine Photovoltaik-Förderung durch öffentliche Programme nutzen. Entscheidet sich ein Unternehmen für einen Bankkredit, sollte es passende Angebote vergleichen und die Laufzeit, Zinsbindung und Rückzahlungsmodalitäten bedenken. Als Eigentümer der Anlage trägt es aber auch das Risiko für dessen Betrieb. 

Contracting: eigenen Strom erzeugen ohne Eigeninvest

Dach gegen Anlage – so lautet vereinfacht ausgedrückt der Tausch im Strommodell des Photovoltaik-Contractings. Bei dieser Lösung verpachten Unternehmen freie Dachflächen an ein Contracting-Unternehmen, das die Photovoltaik-Anlage finanziert, installiert und häufig auch langfristig wartet und pflegt. Die Unternehmen pachten oder mieten die Photovoltaik-Anlage und nutzen den damit erzeugten günstigen Solarstrom selbst, ohne Kapital einsetzen und Finanzierungskosten stemmen zu müssen. Nach Ablauf einer gängigen Pachtzeit von 18 bis 20 Jahren kann das Unternehmen die Anlage gegen Anlagenwert übernehmen und sie zu geringen Grenzkosten weiterbetreiben.

Neben der Nutzung des selbst produzierten Solarstroms bietet das Photovoltaik-Contracting den Unternehmen weitere wichtige Vorteile. Planung, Finanzierung, Bau und Betrieb der Anlagen erfolgen aus einer Hand, nämlich durch den Contractor. Das Unternehmen hat kein Betreiber- und Finanzierungsrisiko, dafür aber Planungssicherheit und kann sich auf die Überwachung und optimale Performance der Anlage verlassen.

OnSite-PPA: günstigen Strom vor Ort einkaufen

PPAs (Power Purchase Agreements, auf Deutsch Stromkaufvereinbarungen) sind individuell gestaltete, langfristige Verträge über die Lieferung und Abnahme von Solarstrom vor Ort, die den Unternehmen die Möglichkeit einer längerfristigen Preissicherung bietet. Beim sogenannten OnSite-PPA, einer Sonderform des PPA, installiert der Stromlieferant die Photovoltaik-Anlage beim Unternehmen vor Ort („on site“) und speist den damit erzeugten Ökostrom direkt ins Werksnetz des Unternehmens ein. Durch die Nutzung des vor Ort erzeugten Stroms fallen keine Stromsteuer und Netzentgelte an, da das öffentliche Stromnetz nicht genutzt wird. Restmengen an Strom kann der Stromlieferant an andere Standorte des Unternehmens weiterleiten.

Stromspeicher liefern Solarenergie rund um die Uhr

Für viele Unternehmen können sich auch Stromspeicher wirtschaftlich lohnen. Batteriespeicher mit Lithium-Ionen-Akkus speichern überschüssigen Strom aus einer Photovoltaik-Anlage und sichern so die Versorgung mit Solarstrom auch in Zeiten, wenn die Sonne nicht scheint, oder um Spitzenbedarf abzufedern.

Mit dieser Lösung kann zwischengespeicherter Strom flexibel dann genutzt werden, wenn es für das Unternehmen besonders günstig ist. Durch die Kombination eines modernen Spitzenlastmanagements und eines intelligenten Stromspeichers lassen sich beispielsweise Netzentgelte durch die Kappung von Lastspitzen („Peak Shaving“) optimieren, die die Höhe der Stromkosten von Unternehmen stark beeinflussen können. Stromspeicher können nicht zuletzt auch zur Versorgungssicherheit beitragen und bei einem kurzfristigen Blackout als Netzersatzstromversorgung dienen.

Fazit

Photovoltaik-Anlagen helfen Unternehmen, effektiv Kosten zu senken. Der selbst erzeugte Strom macht sie unabhängiger von schwankenden Strompreisen und unterstützt sie in ihrem Nachhaltigkeitsstreben, indem sie damit ihre CO2-Emissionen senken können. Hinzu kommt, dass die Energiekosten dadurch wesentlich besser und langfristiger planbar sind. Für viele Industrieunternehmen kann die neue Lösung OnSite-PPA interessant sein, mit der sie nicht nur CO2-freien Strom für den Eigenverbrauch produzieren, sondern durch die Entlastung des vorgelagerten Netzes auch die Netzentgelte und Stromsteuer einsparen.

 

Themen: Photovoltaik

Cemrehan Engin

Autor: Cemrehan Engin

Cemrehan Engin hat Energiewirtschaft studiert und ist seit November 2017 als Produktmanager im Business Development bei der MVV Enamic GmbH tätig. Dabei widmet er sich innovativen Energielösungen für Geschäftskunden. Seine Expertise liegt vor allem in den Bereichen Dekarbonisierung und 'All Electric Society', mit besonderem Fokus auf Photovoltaik, Speichertechnologien und Energiemanagement.

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