Leistungspreis: Finanzieller Anreiz für Spitzenlastmanagement
Der Betrag auf der Stromrechnung setzt sich aus drei Komponenten zusammen: dem pauschalen Grundpreis, dem Arbeitspreis für die abgenommene Strommenge sowie dem Leistungspreis, der nur bei Großkunden erhoben wird. Für Unternehmen mit einem jährlichen Strombedarf von mehr als 100.000 Kilowattstunden sieht die Stromnetzzugangsverordnung (StromNZV) eine „registrierende Leistungsmessung“ (RLM) vor. Dabei misst der Energieversorger über einen fernauslesbaren Stromzähler in 15-Minuten-Intervallen kontinuierlich die Stromabnahme. Aus den ermittelten Messwerten ergibt sich der Lastgang des Stromkunden – also das Verbrauchsverhalten des Stromkunden im Zeitablauf.
Die Messungen können für das Unternehmen teure Konsequenzen haben. Denn für die Berechnung des Leistungspreises legen die Energieversorger den höchsten Mittelwert bei den gemessenen Viertelstunden-Werten zugrunde, der innerhalb eines betrachteten Abrechnungszeitraums (zum Beispiel ein Jahr) aufgetreten ist. Deshalb kann schon eine einzige Lastspitze („Peak“) innerhalb eines Jahres die Stromkosten kräftig nach oben treiben – auch wenn der durchschnittliche Jahresverbrauch viel niedriger liegt. Der Grund für diese Art der Berechnung des Leistungspreises: Um einen sicheren Netzbetrieb zu gewährleisten, geben die Stromnetzbetreiber einen finanziellen Anreiz, das Stromnetz möglichst gleichmäßig zu belasten.
Peak Shaving: Glätten von Lastspitzen
Ein innerbetriebliches Spitzenlastmanagement kann dafür sorgen, Lastspitzen zu glätten („Peak Shaving“) und damit die Leistungspreise des Stromanbieters zu reduzieren. Ziel des Spitzenlastmanagements ist, den Stromverbrauch aktiv zu steuern und dadurch Strombezugsspitzen zu vermeiden. Der erste Schritt ist, den Stromverbrauch im Unternehmen – am besten mithilfe eines Energieberaters – zu untersuchen. Dabei werden die Lastverläufe der vergangenen Jahre analysiert. So lassen sich zum Beispiel bestimmte Tageszeiten identifizieren, an denen hohe Lastspitzen auftreten. Zudem muss der Stromverbrauch aller Maschinen und Anlagen ermittelt werden. Der Energieberater wird schließlich in einer Wirtschaftlichkeitsrechnung die langfristigen Einsparpotenziale den erforderlichen Investitionskosten gegenüberstellen.
Innerbetriebliches und überbetriebliches Spitzenlastmanagement
Beim innerbetrieblichen Spitzenlastmanagement geht es darum, den Stromverbrauch im Unternehmen zu beobachten und zu steuern, um betriebliche Spitzenlasten zu reduzieren. Verschiedene Wege, dieses Ziel zu erreichen, stellen wir in diesem Blog-Artikel vor.
Einen Schritt weiter geht das überbetriebliche Lastmanagement. Besteht ein automatisiertes Spitzenlastmanagement im Unternehmen, lassen sich verschiebbare Lasten etwa dazu nutzen, Erlöse auf dem Regelenergiemarkt zu erzielen oder sie über einen Pool zu vermarkten.
Automatisches Spitzenlastmanagement durch Lastabwurf
Nach der innerbetrieblichen Analyse lassen sich die Lastspitzen durch eine manuelle oder automatisierte Steuerung des Verbrauchs, eigene Stromerzeugung sowie den Einsatz von Batteriespeichern glätten.
Oft reduzieren schon kleine organisatorische Maßnahmen die Lastspitzen:
- Lastspitzen entstehen häufig, wenn morgens mehrere Maschinen gleichzeitig hochgefahren werden, die kurz nach dem Einschalten viel Strom verbrauchen. Sinnvoller ist es, große elektrische Verbraucher zeitversetzt einzuschalten.
- Es lohnt sich, Maschinen mit hohem Stromverbrauch gegenseitig zu sperren. Ist eine bestimmte Maschine in Betrieb, kann eine andere nicht angeschaltet werden.
- Wenn möglich, sollten energieintensive Prozesse in Tageszeiten mit günstigen Strompreisen verschoben werden. Dies reduziert gleichzeitig den Arbeitspreis und glättet die Lastspitzen.
Ein echtes Spitzenlastmanagement wird automatisch gesteuert und setzt im Unternehmen eine Mess- und Regelungstechnik voraus, die die einzelnen Anlagen gezielt steuert. Sobald sich eine Überschreitung eines vorgegebenen Grenzwerts ankündigt, reduzieren sogenannte Spitzenlast- oder Maximumwächter die Leistung zuvor ausgewählter Prozesse oder unterbrechen sie für einen kurzen Zeitraum. Dieser auch als „Lastabwurf“ bezeichnete Vorgang verschiebt die Verbrauchslast auf spätere Niedriglastzeiten.
Wichtig ist, dass das vorprogrammierte Ab- und Zuschalten von Geräten und Anlagen nicht den Produktionsablauf beeinträchtigt. Deshalb werden beim automatischen Lastabwurf typischerweise nicht produktionsrelevante Verbraucher wie Klima- und Belüftungsanlagen, Kühlaggregate, Heizgeräte, Schmelz- und Härteanlagen, Elektroöfen, Pumpen, Druckluftanlagen mit Speicher oder Galvanikbäder vom Netz genommen. Bei der Entscheidung, welche Verbrauchsquellen wie häufig und für wie lange abgeschaltet werden können, hilft ebenfalls die Analyse eines Energieberaters.
Spitzenlastmanagement durch eigene Stromerzeugung und Batteriespeicher
Wenn ein Lastabwurf nicht möglich oder wenig praktikabel ist, können eigene Stromerzeuger im Unternehmen zum Spitzenlastmanagement beitragen. So lässt sich die Leistung von Blockheizkraftwerken oder Notstromaggregaten zu Spitzenlastzeiten gezielt erhöhen, um den Strombezug aus dem allgemeinen Stromnetz zu reduzieren. Wer eine Solaranlage betreibt, kann Stromlasten im Unternehmen auf Zeiten verschieben, in denen sie viel Energie bereitstellt.
Batteriespeichersysteme eignen sich ebenfalls, um im laufenden Betrieb Stromlastspitzen zu reduzieren. Batteriespeicher sind mittlerweile so leistungsfähig, dass sie auch in Unternehmen zum Einsatz kommen. Sie ermöglichen, den eigenen Strom nicht nur dann zu nutzen, wenn er produziert wird. Ein intelligenter Stromspeicher kann die Lastspitzen mit gespeichertem Strom abdecken. Darüber hinaus sichern Batteriespeicher eine flexible und unterbrechungsfreie Stromversorgung.
Fazit
Für Unternehmen mit einem jährlichen Strombedarf von mehr als 100.000 Kilowattstunden können hohe Stromlastspitzen doppelt teuer werden. Denn zu den Kosten für den Stromverbrauch kommt ein beachtlicher Leistungspreis, den der jeweilige Energieversorger aus den gemessenen Lastspitzen errechnet. Ein innerbetriebliches Spitzenlastmanagement hilft, diese Spitzen zu glätten und so die Kosten deutlich zu reduzieren. Voraussetzungen sind eine detaillierte Analyse des Stromverbrauchs und der notwendigen Investitionen für ein automatisiertes Lastmanagement – am besten in Begleitung eines professionellen Energieberaters, damit das Spitzenlastmanagement die Energiekosten langfristig spürbar senkt.
Autor: David Wagenblass
Produktmanager Elektromobilität, MVV Enamic GmbH
David Wagenblass ist seit 2007 in verschiedenen Positionen für MVV tätig. Über 10 Jahre verantwortete er das Kooperationsmanagement im Geschäftskundenvertrieb. Aktuell ist er für die Entwicklung und Vermarktung von Ladeinfrastrukturlösungen für Unternehmen und Wohnimmobilien zuständig.
Inhaltsverzeichnis
- Wärmeversorgung (13)
- Steuern und Abgaben (12)
- Energiemanagement (11)
- Dekarbonisierung (10)
- E-Mobility (9)
- Energiemessung (9)
- Energiebeschaffung Strom / Gas (8)
- Fördermittel und -programme (7)
- Kälte-, Klima- und Lüftungstechnik (6)
- Photovoltaik (6)
- Rechenzentrum (6)
- Beleuchtung (5)
- Druckluft (5)
- Nachhaltigkeit (5)
- Wärmepumpe (5)
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- Lastmanagement (4)
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