Die Liberalisierung des Gasmarktes hat in den letzten Jahren die Beschaffungsmöglichkeiten für Unternehmen drastisch verändert. Betriebe und Energieeinkäufer stehen heute vor der Frage, welches Vorgehen beim Gaseinkauf für sie das Richtige ist. Lesen Sie mehr über die vier wichtigsten Beschaffungsalternativen – und über die Vor- und Nachteile der einzelnen Modelle.
Modell 1: Gasversorgung mit Öl-preisbindung
Die Vollversorgung mit Öl-preisbindung ist eine kaum noch verbreitete Beschaffungsform im Gaseinkauf. Der Gasbezugspreis wird dabei an die Entwicklung der Preisnotierung für leichtes Heizöl (HEL) gekoppelt. Der Gaspreis passt sich dadurch über eine hinterlegte Formel der Ölpreisentwicklung an.
Vorteile des indexierten Modells
- Cance bei geringem Ölpreis auch einen günstigen Gaspreis zu erhalten
- Geringer personeller Aufwand
Nachteile des indexierten Modells
- Hohes Preisrisiko durch Ölpreisbindung => keine Planungs- und Budgetsicherheit
- Nicht jede Einkaufspolitik lässt diese Beschaffungsform zu, da die vollständige Vergabe der Gasmenge an einem Tag spekulativ ist
- Kaum Optimierungspotenziale
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Modell 2: Gasbeschaffung zum Fixpreis
Bei diesem Modell kauft das Unternehmen die gesamte benötigte Gasmenge zu einem Fixpreis, der an einem bestimmten Stichtag festgelegt wird. Dieser fest vereinbarte Gaspreis gilt dann unabhängig von der Marktentwicklung für die gesamte Vertragslaufzeit. Sinken die Marktpreise, profitiert das Unternehmen nicht davon, da keine Anpassung nach unten möglich ist.
Vorteile des Fixpreismodells
- Hohe Planungssicherheit für den Kunden
- Geringer administrativer Aufwand
Nachteile des Fixpreismodells
- Hohes Preisrisiko, weil der Gaspreis für die gesamte Laufzeit von einem oftmals willkürlichen und einmaligen Einkaufszeitpunkt abhängig ist
- Keine Flexibilität, da das Unternehmen nicht von fallenden Marktpreisen nach Vertragsabschluss profitiert
Der Abschluss eines Fixpreismodells ist interessant, wenn das Preisniveau auffällig niedrig ist, die Einkaufspolitik dies erlaubt und das Unternehmen das Marktpreisrisiko tragen kann.
Modell 3: Gasbeschaffung mit Tranchen
Bei der Tranchenbeschaffung wird der Erdgasbedarf eines Unternehmens nicht an einem einzigen Tag gedeckt, sondern zu mehreren Zeitpunkten in Teilmengen (Tranchen) beschafft. Der Zeitpunkt und Umfang der platzierten Tranchen im Beschaffungszeitraum bestimmt somit den Gesamtpreis. Grundsätzlich gilt: Je höher die Zahl der Tranchen, desto größer ist die Risikostreuung.
Hauptvorteil dieses Beschaffungsmodells ist, dass es das Marktpreisrisiko deutlich reduziert. Es verhindert, dass ein Unternehmen einmalig die gesamte Energiemenge zum ungünstigsten Zeitpunkt einkauft und zum Höchstpreis einen Abschluss tätigt. Allerdings wird durch dieses Vorgehen nicht sichergestellt, dass der durchschnittliche Gasmarktpreis unterschritten wird. Die Verteilung der Beschaffungsmenge auf mehrere Tranchen ist jedoch sehr flexibel und ermöglicht es, von der Marktentwicklung zu profitieren. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, im Vorfeld einen festen Rhythmus für die Einkaufszeitpunkte der Tranchen festzulegen. Alternativ können sie individuell vom Energieeinkäufer oder dem Energieversorger bestimmt werden.
Vorteile des Tranchenmodells
- Risikostreuung durch Teilmengeneinkauf an mehreren Einkaufszeitpunkten
- Flexibilität: Auf die Marktentwicklung kann jederzeit schnell und individuell reagiert werden
- Verlagerung von Aufgaben wie Beschaffung und Marktbeobachtung auf Energieversorger/externen Dienstleister möglich. Der Einkauf erfolgt dann durch Experten. Der eigene Arbeitsaufwand für die Beschaffung geht gegen null.
Nachteile des Tranchenmodells
- Keine Preisbindung über mehrere Jahre. Kann aber auch Vorteil sein.
- Erhöhter personeller Aufwand, wenn die Marktbeobachtung und Bestimmung der Einkaufszeitpunkte durch den Kunden erfolgt. Wenn Sie für die Energiebeschaffung und Marktbeobachtung keine eigenen personellen Ressourcen haben sollten diese Aufgaben vom einem Versorger oder externen Dienstleister übernommen werden.
Der Gaseinkauf in Tranchen ist zu empfehlen, wenn die Preise am Gasmarkt schwanken und Ihr Unternehmen die Beschaffung von einem externen oder internen Experten durchführen lässt. Dadurch sparen Sie sich u.a. auch Aufwendungen für wiederkehrende Anbieter- und Angebotsvergleiche.
Modell 4: Gasbeschaffung mit Portfoliomanagement
Das Portfoliomanagement ist die komplexeste und zugleich flexibelste Form der Beschaffung. Sie eignet sich speziell für große Abnehmer, also für Industriebetriebe mit einem hohen Gasbedarf und einer gut vorhersagbaren Verbrauchsstruktur.
Die Beschaffung erfolgt über börsennotierte standardisierte Gasprodukte direkt an den Handelsplätzen. Dabei wird der (Summen-)Lastgang des jeweiligen Abnehmers in standardisierte Produkteinheiten eingeteilt, die an der Börse einzeln handelbar sind. So entsteht ein Portfolio, das die Firmen individuell managen können – vergleichbar mit einem Aktien- oder Fondsportfolio. Auf diese Weise bleiben sie flexibel und können von schwankenden Marktpreisen profitieren. Die Voraussetzung sind eine Börsenzulassung und eine Händlerlizenz, so dass hier in der Regel ein professioneller Energiehändler beauftragt wird.
Vorteile des Portfoliomanagements
- Flexibles Ausnutzen von Marktschwankungen und sinkenden Großhandelspreisen
- Professionalisierter Einkauf und hohe Transparenz
- Insgesamt günstigere Gaseinkaufspreise möglich
Nachteile des Portfoliomanagements
- Personalintensives Vorgehen
- Hoher organisatorischer Aufwand
- Hohes Maß an energiewirtschaftlichem Know-how erforderlich
- Marktpreis-, Struktur- und Volumenrisiko besteht
- Geeignet nur für größere Industriebetriebe
Das Portfoliomanagement bietet sich vor allem für Großabnehmer an oder sollte als Dienstleistung eingekauft werden.
Fazit
Durch die Liberalisierung des Gasmarktes sind für Unternehmen neue Chancen entstanden, um von günstigen Beschaffungspreisen zu profitieren. Dazu stehen verschiedene Modelle zur Verfügung: indexiert, mit Fixpreis, über die Beschaffung mit Tranchen und durch ein aktives Portfoliomanagement. Mit welchem Modell sich die größten Kostenvorteile realisieren lassen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Fest steht allerdings: Wer weiterhin auf einen klassischen Vollversorgungsvertrag mit Ölpreisbindung oder Fixpreis setzt, muss eventuell massive Wettbewerbsnachteile in Kauf nehmen. Mehr Chancen für Kunden, die das Preisrisiko minimieren und einen günstigen Preis erzielen möchten, bietet die Gasbeschaffung in Tranchen. Ob sich die flexibelste Variante der strukturierten Gasbeschaffung – das Portfoliomanagement – rechnet, sollten Unternehmen allerdings sorgfältig prüfen. Hier lohnt sich die Einbindung eines erfahrenen Energiemanagers, der alle Beschaffungsmodelle kennt und im Einzelfall bewerten kann.